Die Böschungsschraffe bei den Franzosen.
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auf andere Weise das Rätsel zu lösen, indem er leicht gekrümmte Schraffen je nach
dem Verlauf der Schichtlinien einführt. Sind die Horizontalen gerade und parallel, sind
auch die Schraffen oder Wasserstriche gerade und parallel (1), bei geraden und nicht
parallelen Horizontalen sind die Schraffen krumm und parallel (2), hei krummen und
parallelen Horizontalen sind die Schraffen gerade und parallel (3), und sind schließlich
die Horizontalen krumm und nicht parallel, ist dies auch bei den Wasserstrichen der
Fall (4). 1 Er nennt diese vier Möglichkeiten die Gesetze für die Gestalt und Richtung
der Bergstriche. Außer auf seinen Kartenskizzen scheinen sie nirgendwo zur An
wendung gekommen zu sein.
Bei der Lagerung der Schraffen sieht man darauf, jede der untern nahezu unter
dem Zwischenraum je zweier Schraffen der obern Reihe zu stellen. Sie stehen, wie
es technisch heißt, voll auf Fug. Dadurch wird der Verlauf der Höhenlinien, falls
diese selbst nicht im fertigen Kartenbild erscheinen, markiert. In Frankreich wurden
früher Schraffenkarten hergestellt, die einen minimalen Zwischenraum zwischen den
Schraffenreihen aussparten, um so den Verlauf der Schichtlinien anzudeuten (S. 530).
Später ist man von diesem Verfahren abgekommen.
III. Die Böschungsschraffe bei den Franzosen.
308. Lehmanns Einfluß auf die Franzosen. Aus der Vita Lehmanns wissen
wir, was auch in seinen Schriften bezeugt wird, daß Napoleon in den Besitz
eines Exemplars der noch ungedruckten Grundzüge Lehmanns gelangt war, die
er „in französische Sprache übersetzen ließ und belobte“. Damit wird die An
nahme hinfällig, der Penck huldigt, daß man in Frankreich die von Lehmann aus
gesprochenen Prinzipien nicht kannte. 2 Ältere Kartographen und Wissenschaftler,
die den Lehmannschen Zeiten bedeutend näher standen als wir, sprechen von dem
Einfluß des Lehmannschen Systems auf Frankreich, so Chauvin 3 , Michaelis. 4 Ihnen
dürfte darum ein maßgebendes Urteil einzuräumen sein. Ferner ist nicht richtig,
was Penck hervorhebt, daß sich in den Protokollen und Denkschriften, die Berthaut
in seinem monumentalen Werke über die Entwicklung der Carte de France mitteilt
oder abdruckt, nicht der leiseste Hinweis auf die „Lehinannsche Skala“ befindet.
Man lese nur bei Berthaut die Entgegnung von General Baron Berge auf Puissants
Angriff gegen die senkrechte Beleuchtung der Metzer Kriegsschule 5 , worin es heißt:
2 A. Penck: Neue Karten u. Reliefs der Alpen. Studien über Geländedarstellung. Leipzig 1904,
S. 53, 54. — Wenn Penck S. 91 hervorhebt, daß Berthauts Werk die franz. Gutachten aus dem An
fang des 19. Jahrh. wieder zutage gefördert hat, so ist das nur unter gewisser Einschränkung richtig.
Beim tiefem Eindringen in die zeitgenössische u. spätere Literatur begegnet man auch der Berück
sichtigung jener Gutachten und Anschauungen in deutschen Veröffentlichungen; man vgl. beispiels
weise die Schriften von E. Michaelis, das Berliner Militär-Wochenblatt u. a. m.
3 F. Chauvin: Das Bergzeichnen rationell behandelt. Berlin 1854, S. 7.
4 E. Michaelis: Über die Darstellung des Hochgebirges. Berlin 1845. Auf S. 23 sagt Michaelis
daß die französische Kommission von 1828 „durch ihre Beschlüsse, die schon früher in Deutschland,
unter dem Namen der Lehmannschen, bekannten Grundsätze mit geringen Abänderungen für die
große Karte von Frankreich (1:80000) adoptierte“.
5 Berthaut: La carte de France. Etüde historique. I. Paris 184)8, S. 201 ff.
Eckert, Kartenwissenschaft. I. 34