Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die wissenschaftlichen Grundlagen der Geländedarstellung. 
„Könnte man Puissant nicht umgekehrt die Carte des chasses Vorhalten, die nach 
den Grundsätzen bearbeitet ist, die er bekämpft ? Wird er sie mit der gleichen Strenge 
behandeln wie die Karten der Deutschen?“ Lediglich der Name „Lehmann“ 
findet sich nicht dokumentiert. Bekannt aber war sicher sein Werk, das, bevor es 
gedruckt vorlag, in verschiedenen anonymen Exemplaren verbreitet gewesen ist 
und 1796 bereits druckfertig war (s. S. 512). Vor der Drucklegung waren die Grund 
züge des Systems mit Lehmanns Genehmigung bereits von Hauptmann Backenberg 
beim Unterrichte der Kriegsschule zu Dresden und in Veröffentlichungen benutzt 
worden. Notwendigerweise muß man aus allem schließen, daß die Franzosen schon 
vor 1800 das Lehmannsclie System kannten und daß sie auch mit dessen Art ver 
traut sein mußten, die Schraffe als Gefällslinie aufzufassen und sie senkrecht zu den 
Schichtlinien zu stellen, was in der Lehre von Dupuis de Torcy und Brisson als etwas 
Neues hingestellt wird. Ebenso natürlich erscheint es mir, daß die hohem fran 
zösischen Offiziere, die sich mit der Geländedarstellung befaßten, nicht direkt das 
deutsche System, die „Méthode allemande“, adoptierten, sondern bei stillschweigender 
Anerkennung desselben doch ihrerseits etwas Selbständiges leisten wollten. Während 
aber Lehmann bei der Darstellung des Geländes in Schraffen die Sache richtig am 
Schopfe erfaßt hatte, indem die Schraffe direkt zum Ausdrucke der Neigung wird, 
quälen sich die Franzosen unermüdlich ab, die Schraffen in Beziehung zu den Schicht 
linien zu bringen, die bei Lehmann lediglich als Konstruktionselement benutzt wurden. 1 
Infolgedessen gelangten die Franzosen zu keinem richtigen Ergebnis, ob sie nun einzeln 
oder in Kommissionen an die Lösung des Problems herantraten. Dazu kamen die 
Kontroversen zwischen den Vertretern der senkrechten und schrägen Beleuchtung. 
Ganz gleich, ob man von der Böschung oder der Schichtlinie ausging, auf jeden Fall 
konnte eine wissenschaftliche und sichere Schraffendarstellung nur auf dem Boden 
der Annahme einer senkrechten Beleuchtung gedeihen. 
Bei der endgültigen französischen Karte 1 : 80000 erscheinen die Schichtlinien 
ebensowenig wie auf den deutschen offiziellen Karten. 1 2 Jedoch achtete man in Frank 
reich etwas mehr darauf, d&ß durch die Enden der Schraffen die Isohypsen deutlich 
gekennzeichnet wurden, wie z. B. bei einem Teil der Minutes 1 : 20000, was man 
dadurch erzielte, daß die untere Schraffe nicht in die Verlängerung der obern fiel. 
Dieser Gesichtspunkt wie auch der, mit einem dünnen weißen Streifen den Verlauf 
der Isohypse, nachdem sie entfernt ist, zu markieren, sind in den Kommissionen 
wohl erwogen worden. Der Vorschlag jedoch von General d’Hautpoult zur Ersichtlich- 
machung der zwischen den Kurven gelegenen Geländestreifen, die Schraffen nur 
senkrecht auf die obere Schichtlinie zu stellen und sie ausgekeilt nach unten verlaufen 
zu lassen, hatte keine Anhänger gefunden. 3 
309. Die selbständigen Ansätze zn einer Bösehungsschraffe. Das Abstand- oder 
Viertelgesetz. 1802 wurde in Paris eine besondere Kommission aus Gliedern der 
1 Darum ist nach Penck die Lehmannsche Darstellung im wesentlichen eine klinometrische 
und die französische im wesentlichen eine hypsometrische. Vgl. A. Penck, a. a. O., S. 53. 
2 Im Anfänge des Weltkriegs sind mir englische Karten,’ besonders aus der Gegend von Mau- 
beuge, zu Gesicht gekommen, die in mattem Druck die französische Schraffenkarte in 1:80000 Wieder 
gaben und darüber in bräunlichem Druck das alte französische Original-Isohypsengerippe, das zum 
Aufbau der Schraffenkarte gedient hat. 
3 Mémorial, s. Anjn. 8, IV. S. 380.
	        
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