Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

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Die Böschungsseh raffe bei den Franzosen. 
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verschiedensten Staatsdienste, wie des Kriegs-, See-, Berg- und Forstwesens, des 
Straßen- und Kanalbaus, der Statistik, zusammengesetzt und behufs der Vervoll 
kommnung der Kartographie beauftragt, „die in Karten, Plänen und topographischen 
Zeichnungen gebräuchlichen Zeichen zu vereinfachen und übereinstimmend zu machen“. 
Die Schraffe wurde von ihr als Gefällslinie bezeichnet und sollte dementsprechend 
behandelt werden. Nichtsdestoweniger entschied man sich für die schräge Beleuchtung. 
Dagegen drang 1807 die Ecole de l’Artillerie et du Génie in Metz beim Ministerium 
mit der senkrechten Beleuchtung für die Schraffenbehandlung durch, und ihre In 
struktion von 1817 wurde maßgebend für die Karte 1 : 80000, wesentlich gefördert 
durch Oberst Bonne vom Kriegsdepot, seinerzeit in Deutschland durch seine Tätig 
keit bei der Einrichtung des bayrischen topographischen Bureaus bekannt. 1 Als 
1818 die Schule des Großen Generalstabs organisiert wurde, sagte man sich von den 
Vorschriften von 1802 gänzlich los. 1826 wurde vom französischen Kriegsminister 
Marquis de Clermont-Tonnerre eine Kommission eingesetzt, die beauftragt war, 
„die Mängel in der Behandlung der neuen topographischen Karte von Frankreich 
(1 : 80000) zu beseitigen, deshalb die verschiedenen zur geometrischen und physischen 
Darstellung des Terrains angewandten oder proponierten Methoden zu prüfen und 
darunter diejenige auszuwählen, die den Vorzug der allgemeinen Aufnahme ver 
diene“. 1 2 Zunächst wurde der Grundsatz formuliert: Der Zwischenraum der Schraffen, 
die senkrecht auf den Schichtlinien zu stehen haben, steht im umgekehrten Ver 
hältnis zur Steilheit der Gehänge. 3 Diese allgemeine Bestimmung hätte für eine 
plastische Herausarbeitung des Geländebildes schon genügen können. Allein die 
Kommission ging weiter und schrieb für die Zwischenräume der Schraffen voneinander 
ein unabänderliches Maß vor, das der Ingenieurgeograph Benoît ausgedacht hatte 
und seit längerer Zeit an der Generalstabschule und an der Schule von St. Cyr aus 
probiert worden war. 4 Nach ihm muß der Zwischenraum zwischen zwei benach 
barten Schraffen gleich einem Viertel der Länge der Schraffen sein, oder was auf 
dasselbe hinauskommt, dem Viertel der Kotangente des Böschungswinkels. Wird 
dieser mit a bezeichnet, dann ist die Horizontalentfernung der Schichtlinien, also 
die Schraffe = cot a, wenn der Vertikalabstand der Schichtlinien (in der Natur) = 1 
ist. Der Zwischenraum z — V 4 Schraffe — 1/4 cot u. 
Dies sog. „Abstand- oder Viertelgesetz“ (la loi du quart) faßte den Gegenstand 
viel zu starr und mechanisch auf. Die Praxis konnte ihm streng nur folgen, wenn 
die benachbarten Schichtlinien parallel und gerade waren. Häufiger jedoch sind 
sie gekrümmt und ihre korrespondierenden Segmente nicht gleich lang. Sollen diese 
senkrecht verbunden werden und die Schraffen dabei gleich stark bleiben, müssen 
die Zwischenräume nicht bloß untereinander verschieden groß, sondern jeder an sich 
schon verschieden gestaltet sein. Deshalb brachte das Viertelgesetz den Zusatz: 
1 Vgl. K. Neureuther: Das erste Jahrh. des topograph. Bureaus des k. bayer. Generalstabs. 
München 1900, S. 4ff. 
2 Die Verhandlung dieser Kommission, die bis zum Jahre 1828 fortgesetzt wurden, sind im 
III., IV. u. V. Bande der neuen Ausgabe (1829) des Mémorial du Dépôt général de la guerre umständ 
lich mitgeteilt. 
3 Mémorial, a. a. O., V. S. 480—482. 
4 Berthaut, a. a. O., S. 143. — Berthauts Werk bietet zugleich eine gute Auswahl von Karten 
ausschnitten der verschiedenen Originalaufnahmen (Minutes) in 1:10000, 1:20000 und 1:40000 be 
arbeiteten Karten.
	        
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