Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die wissenschaftlichen Grundlagen der Gellindedarstellung. 
Wenn die Schraffen zwischen zwei Kurven merklich divergieren, sollen die von ihnen 
begrenzten Zwischenräume auf einer Linie gemessen werden, die auf der Mitte einer 
Schraffe senkrecht steht. Damit ist aber den Übelständen des Gesetzes, das, wie 
auch Michaelis 1845 schon urteilte 1 , nur durch den Schein einer großem Darstellungs 
schärfe leicht für sich einnehmen konnte, noch immer nicht vollständig abgeholfen. 
Die geringen Böschungen wurden leidlich dargestellt, weniger die steilen, was die 
erhoffte Plastik beeinträchtigte. Man mußte das Gesetz noch weiter einschränken, 
was indes ein ganz anderes Prinzip der Darstellung voraussetzte. Hatte der hori 
zontale Isohypsenabstand 2 mm erreicht, so waren von da ab die Schraffen pro 
portional der Steilheit des Geländes zu verstärken. Mit dieser Zusatzbestimmung 
war man zu dem mehr ästhetischen Moment der ursprünglichen Festsetzung zurück 
gekehrt, gewissermaßen gegen den Willen der Kommission. 
310. Schraffenskalen von Bonne und Hossard. Resümee. Mit dem verbesserten 
Viertelgesetz war man nicht zufrieden gestellt, weil mit der Schattierung oder Ab 
tönung, die im Quadrat der Böschung zunahm, die steilem Böschungen viel zu dunkel 
wurden, und in keinem mathematischen, d. h. organischen Zusammenhang mit den 
flachem Neigungen standen. Oberst Bonne entwarf deshalb 1828 eine Skala, nach der 
jede Schattierung wie der Sinus des Neigungswinkels wachsen sollte, der Sinus von 
100° bezeichnet^ das absolute Schwarz. 1 2 Doch auch diese Skala hatte nicht den ge 
wünschten Effekt, und Bonne schlägt eine andere Skala vor, nach der das Schwarz 
gegenüber dem Weiß 5 / 7 des Sinus der Neigung betragen soll. 3 Durch die neuern 
Skalen wurde das Bild der Berge weniger dunkelfarbig, das der sanftem Böschungen 
verlor dagegen an Ausdiuck. Die Praxis hielt mit den Neuanforderungen nur teil 
weise Schritt. Viele der zu jener Zeit ausgearbeiteten und veröffentlichten Sektionen 
der Karte 1 : 80000, wie Strasbourg, Lauterbourg, Nancy, Abbeville, Rheims u. a. m. 
wurden damals schon als geschmacklos bezeichnet. 4 Die Höhen lassen in ihrem 
meist übertriebenen Schwarz wenig von dem Geländedetail erkennen und die un 
gelenken großen und weitläufigen Schraffen der niedern Geländestufen streben wie 
Spinnenfüße auseinander. 
Endlich wurde 1853 die Skala von Bonne durch die des Majors Hossard er 
setzt 5 , die wenigstens den Vorteil hatte, fast gleichmäßig für die Ebenen, die Mittel 
gebirge und Hochgebirge zu passen. Bei Lichte besehen, ist sie ein aus allerlei Er 
fahrungen zusammengesetztes Flickwerk, das aber in seiner Gesamtwirkung nicht 
schlecht war und sich wesentlich Lehmann genähert hatte. Nach Hossard wird die 
Höhe zur Basis als Tangente des Neigungswinkels in Beziehung gesetzt, ist mithin 
nichts anderes als der andere Ausdruck für die Kotangente des alten Viertelgesetzes. 
Die Schattierung ist proportional der Neigung und hat den Wert des Winkels, den 
sie repräsentiert, multipliziert mit 1,5. Ist die Neigung 1 /6, so die Schattierung 
s = 1/6 (1,5) = 1,5 tg er. Für die Größe des Zwischenraums (z) der Schraffen stellt 
Hossard die Formel auf: z = j/6/m -f- n. m und n sind zwei Konstante, die durch 
1 E. Michaelis, a. a. O., S. 19. 
2 Praktiscbenveise ließen die Franzosen das volle Schwarz bei 50° Neigung, entsprechend dem 
Lehmannschen Prinzip, eintreten. Sie rechneten den Viertelkreis zu 100°, also neue Teilung. 
3 Bertliaut, a. a. O., TI. Paris 1899, S. 50. 
4 E. Michaelis, a. a. O., S. 23. 
5 Bertliaut, a. a. O. II. Paris 1899, S. 51.
	        
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