Die Zukunft der Schraffe.
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die Erfahrung gewonnen sind, m = 9 und n = 0,16 mm. Mithin ist z = j/i/9 -f-
0,16 mm.
Als Resümee über die französische Schraffendarstellung bei senkrechter Be
leuchtung muß ich folgendes feststellen, daß die Franzosen wissenschaftlich Brauch
bares nicht geliefert haben. Trotz aller Bemühungen war es ihnen nicht gelungen, das
deutsche oder Lehmannsche System zu ersetzen oder gar zu übertreffen. Die gesamten
Skalen, die im Laufe eines halben Jahrhunderts entstanden, sind die notdürftige
Verquickung allerhand Erfahrungssätze mit mathematischen Kunstgriffen, die von
dem praktischen Kartenstecher nur insoweit beachtet wurden, als durch sie ein stetiger
Fortschritt in der Abtönung der Geländeneigungen auf der Karte nicht beeinträchtigt
wurde. Mit innerm Takt wurde das Richtige mehr herausgefühlt als nach wissen
schaftlicher Methode gestaltet. Darum sehen wir in der Schraffendarstellung der
Sektionen der Karte 1 : 80000, die in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts
erschienen, ein hinreichend einheitliches Bild, das bei dem Maßstab und dem Um
fang der Karte befriedigen muß, auch nicht der plastischen Wirkung entbehrt 1 , die
allerdings bei den Alpensektionen mit auf Kosten der schrägen Beleuchtung zurück
zuführen ist. Wenn man bedenkt, wieviel an den Schraffenska-len innerhalb des
Werdegangs der Karte herumgedoktert worden ist, muß man bloß staunen, was
für ein brauchbares und vielfach auch schönes Ergebnis erzielt wurde. Daß die Karte
heutigen Anforderungen nicht mehr genügt, das verschlägt nicht. Kurz gesagt liegt
der Fehler des ganzen Systems darin, daß man von vornherein nicht vorurteilsfrei
auf das Lehmannsche Prinzip aufbaute, daß man nicht wie Lehmann von dem physi
kalischen Gesetz der Beleuchtung schräggestellter Flächen ausging und sein Heil
in einem Kompromiß zwischen den Erfahrungen der Offiziere bei der Aufnahme und
den Erfahrungen bei der Reduktion in 1 : 80000 und beim Kartenstich gesucht hat.
IV. Die Zukunft der Schraffe.
311. Die Zukunft der wissenschaftlichen Schraffe. Lehmann der Klassiker der
Geländedarstellung. Die deutsche Kartographie und Wissenschaft hat das Wesen
der Schraffe richtig erfaßt und ihr einen mathematischen Halt gegeben, der es er
möglicht — die notwendige Fertigkeit vorausgesetzt —, sie ohne geringstes subjektives
Hinzutun immer wieder an jeder Stelle gesetz- und gleichmäßig anzuwenden.
Deutsche,' einschließlich Österreicher, haben es verstanden, die umfangreichsten und
bedeutendsten Schraffenkartenwerke herauszugeben. Ihnen reihen sich die Franzosen,
1 Der monumentale Charakter der französ. Generalstabskarte kam so recht zum Ausdruck,
als man die 264 Blätter bei der Weltausstellung zu Paris 1878 zu einem Tableau (12 x 12^2 m) zu
sammengesetzt hatte. H. Siegfried berichtet darüber (Geograph, u. cosmograph. Karten u. Apparate.
Zürich 1879, S. 8): „Man glaubte damals, die in senkrechter Beleuchtung ausgeführten Blätter werden
in der Zusammenstellung keinen Effekt machen. Es war jedoch anders; die dunkeln Töne der Er
hebungen und die hellem der Ebenen ließen ein ausgesprochenes Reliefbild des Landes entstehen.
Die Kenntnis der einzelnen Blätter des Atlas ließ nicht ahnen, daß die Zusammensetzung ein wie aus
einem Guß entstandenes, in allen Teilen übereinstimmendes Bild liefern würde. Die Ursachen dieses
Erfolges liegen einesteils in der Bewunderung des Beschauers, der weiß, welch kolossale Arbeitsmenge
hier in einem Werke zusammengedrängt ist, und andemteils in der vom Anfang bis zum Ende durch
geführten Konsequenz strengfer Grundsätze, welche der Phantasie und den persönlichen Meinungen
und Liebhabereien keinen Spielraum gestattete.“