Senkrechte und schräge Beleuchtung.
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von einer „Dufourbeleuchtung“ zu sprechen, wie Penck es tut. 1 Auch würde mit
einem solchen Terminus technicus zu wenig Generelles ausgedrückt. Dufour hat
eben einen besondern Geländebeleuchtungstypus weder geschaffen noch ausgebildet. 1 2
321. Die Mängel der Dufourkarte. Viele Kartentheoretiker wissen, daß sich
in der Geländedarstellung der Dufourkarte kein einheitliches Gesetz, nach dem sie
aufgebaut ist, erkennen läßt. 3 Im allgemeinen ist eine 45°-Neigung des Lichteinfalls
bei NW-Richtung angenommen, trotzdem erschienen die senkrecht von den Licht
strahlen getroffenen Hänge nicht im hellsten Licht, dagegen ebene Geländeteile weiß,
bei denen man einen Ton erwarten sollte. Der Schweizer F. Becker hat die Wider
sprüche der Dufourkarte, die die unruhige Wirkung hervorbringen, scharf beleuchtet,
als er über die auf der Weltausstellung in Paris 1889 ausgestellten Schweizer Karten
berichtete. 4 Die Dufourkarte kann kein vollendetes Reliefbild bieten, ,,da sie nicht
danach bearbeitet ist. Solange die Talflächen so hell gelassen sind — man mußte
das zum Teil, um das viele Situationsdetail deutlich anbringen zu können — und
infolge der angewendeten schiefen Beleuchtung auch die höchsten Partien scharfes
Licht haben, zu den vielen Schneeflächen, welche sich dort außerdem finden, solange
wird die Karte kein ruhiges Bild geben können. Infolge des Widerspruchs, daß die
höchsten und tiefsten Partien gleich behandelt sind, kommt das Bild nicht zur Ruhe,
die tiefen Partien treten — als hell — immer zu sehr herauf, anstatt hinunter zu gehen;
die Berge stehen immer im Leeren, sie bauen sich nicht auf aus einem festen, sicht
baren Boden, sie ruhen nicht auf einem Boden, — wie kann denn das Bild dabei selbst
ruhig werden?“ Weiter ist die Dufourkarte einer gründlichen Analyse von Chr. von
Steeb unterzogen worden 5 , die sich auf verschiedene Beispiele, so aus der Gegend
von Panix, Näfels, Biasca und dem Leistbachtale, stützt; ihm gelingt der Nachweis,
daß trotz der Höhenkoten Terrainprofile nach der Karte einigermaßen verläßlich
zu konstruieren so gut wie ausgeschlossen ist, da immer erst die Art der Beleuchtung
für den betreffenden Geländeteil der Zeichnung untersucht werden muß, was präzise
zu bestimmen jedoch unmöglich ist.
Wie die Lehmannsche Böschungsschraffe ist die Dufoursche Schattenschraffe aus
ihrer Zeit heraus zu erklären, während aber jene von größtem Einfluß auf die topo
graphischen Karten ihrer und der Folgezeit geworden ist, kann man dieser einen derartigen
Einfluß nicht einräumen. Mit der Dufourkarte erschien und verschwand diese Art
Schraffe auf topographischen Karten großen Stils. Auf alpinen Spezialkarten erscheint
sie noch dann und wann; aber auch da ist sie im Aussterben begriffen. Nur in Karten
kleinern Maßstabes, wo die schräge Beleuchtung ihre volle Berechtigung hat, lebt
sie weiter, wie heute noch in der Vogelschen Karte von Deutschland in 1:500000,
die sich in der neuern Ausgabe auch über die Schweiz erstreckt. Dazu gehören aber
1 A. Penck: Neue Karten u. Relief der Alpen. Leipzig 1904, S. 87.
2 Und Penck sagt selbst, a. a. O., S. 68, 69: „Die Geländedarstellung auf Karten ist ein
praktisches Problem, das nicht nach Schlagworten zu behandeln ist.“
3 Chr. v. Steeb: Terraindarstellung mit schiefer Beleuchtung. Mit. d. k. k. mil.-geogr. Inst.
XVI. 1896. Wien 1897, S. 58.
4 P. Becker: Die schweizerische Kartographie an der Weltausstellung in Paris 1889 u. ihre
neuen Ziele. Frauenfeld 1890, S. 11, 12. — Man vgl. auch das, was Becker später über die Möglichkeit
der Umarbeitung — die er negiert — der Dufourkarte sagt. Die schweizerische Kartographie i. J. 19] 4;
Wesen u. Aufgaben der Landesaufnahme. Frauenfeld 1915, S. 23.
5 Chr. v. Steeb, a. a. O., S. 58—60.
Eckert, Kartenwissenschaft. I.
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