Senkrechte und schräge Beleuchtung.
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Dichtemöglichkeit der Schichtlinienführung bei den verschiedenen Maßstäben gehe
ich später noch ein. Da er es vor allem mit Hochgebirgskarten zu tun hat, kommt
er auf einen alten Vorwurf den senkrecht beleuchteten Schraffenkarten gegenüber
zu sprechen, daß es schwierig bei dieser Beleuchtung sei, die Grate kenntlich zu machen,
insofern eine lichte Firstfläche zwischen die dunkel schattierten Gehänge eingeschoben
wird. Diese kann sehr schmal und wenig auffällig sein, aber auch einen wulstigen
Eindruck hervorrufen. 1 Weil nun auch die schräge Beleuchtung, um wirksam zu sein,
die Objekte nicht in gleicher Richtung beleuchtet, schließt Penck, daß beide Be
leuchtungsarten für das Hochgebirge zu Willkürlichkeiten greifen. Indessen ist die
Willkürlichkeit (FolgeWidrigkeit = Inkonsequenz) m. E. nach doch bloß auf seiten
der schrägen Beleuchtung, bei der senkrechten ist der „Fehler der Fälschung des
Grundrisses“ 2 lediglich eine Sache der technischen Möglich- oder Unmöglichkeit.
Bei den Vorteilen der senkrechten Beleuchtung fügt er außer zu den bekannten Tat
sachen noch hinzu, daß sie in der Veranschaulichung der Talformen der andern Be
leuchtung überlegen sei.
Nachdem Penck sich über die praktische Verwendbarkeit der senkrechten und
schrägen Beleuchtung ausgesprochen hat, geht er zur Erörterung der theoretischen
Richtigkeit der nach ihnen durchgeführten Schattierung über und hebt hervor, da
die Gesetze der schrägen Beleuchtung in der Praxis doch nicht befolgt werden und
die schräg beleuchteten Karten somit reich an Willkürlichkeiten sind, sie sich sehr
weit von den Regeln der darstellenden Geometrie entfernen. Jedoch noch mehr ist
dies nach ihm bei der senkrechten Beleuchtung der Fall, weil sie nicht die physi
kalischen Gesetze der Beleuchtung von Körpern befolgt. Wie wir wissen, gelang es
Lehmann noch nicht, die spröden und harten Schraffen den physikalischen Beleuch
tungsgesetzen, obwohl sie ihm klar waren, anzupassen, weshalb er ein Schema wählte,
was jenen Gesetzen allenfalls entsprach und ihm militärisch brauchbare Werte schuf.
So hat Penck auch ganz recht, wenn er sagt: ,,In den meisten Werken, die auf Leli-
mannschen Prinzipien beruhen, wird die Schattierung nicht zum Sinus des Neigungs
winkels, sondern zu diesem selbst in Beziehung gebracht.“ 3 Darum muß eben, wie
ich des öftern betont habe, das Lehmannsche System nicht vom Standpunkt der
Beleuchtung, sondern von dem der Böschung aus, also klinometrisch betrachtet
werden, was zuletzt in der Bezeichnung „Böschungsplastik“ zum Ausdruck kommt.
Lehmanns Skala ist wie all- und altbekannt nur ein Schema, das je nach Bedürfnis
verlängert und verkürzt werden kann. Daß dadurch die „optische Vergleichbarkeit
der einzelnen Kartenwerke verloren geht, was für den Gebrauch von größter Be
deutung ist“ nehme ich weniger tragisch, da es sich dabei nur um Karten der Grenz
gebiete handeln kann, und sich beim Vergleich doch mehr der Duktus der Schraffen-
behandlung kundgibt als die Befolgung des Verhältnisses von Schwarz zu Weiß, wenn
zuletzt auch, was nicht verkannt sei, das eine das Korrelat des andern ist. Trotz
allem erkennt Penck die oft für viele Zwecke wichtige Böschungstreue an, mithin
1 Penck gibt hierfür verschiedene Kartenbeispiele; a. a. 0., S. 75.
2 Diese Bezeichnung Pencks beutet E. v.Romer für seine drei Einwände gegen die Böschungs-
schraffe aus. Es erübrigt sich, hier auf Römer einzugehen. Wenn er seinen dritten Einwand gleich
so beginnt: „Die sogenannte Schraffenplastik gibt keine Anweisungen über die Richtung des Ge
fälles“, dann wollen wir ihn ruhig bei diesem Glauben lassen. Vgl. S. 508 der Mit. d. Geogr. Ges. in
Wien 1909.
3 A. Penck, a. a. 0., S. 78.