Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

554 
Die wissenschaftlichen Grundlagen der Geländedarstellung. 
praktisch verwertbare Ergebnisse. Den Zwiespalt, der zwischen physikalischem 
Gesetz und praktischer Verwertung der Lehmannschen Skala klafft, sucht er in 
folgender Weise zu überbrücken: „Man könnte sich über ihre theoretische Unzu 
länglichkeit vielleicht dadurch hinwegsetzen, daß man sie als eine konventionelle Manier 
bezeichnet, welche das geographisch Wesentliche in dem objektiven Geländebilde nach 
dem ganzen Gewichte seiner Wesentlichkeit mit dem ganzen Aufgebote ihrer optischen 
Ausdrucksfähigkeit zur Anschauung bringt und damit die Geländeveranschaulichung 
in gleiches Niveau rückt wie die Verdickung der Flußläufe, die auf Übersichtskarten 
notwendig wird, wie die Übertreibung der Straßenbreiten auf Militärkarten.“ 1 Penck 
hat ähnlichen Gedanken mehrmals Ausdruck verliehen und die optische Wirkung 
der Lehmannschen Skala mathematisch und graphisch dargelegt. Mit Pencks Worten 
wird also das angedeutet, was wir das Überhalten der Böschungsplastik nennen. 
Einen Augenblick schien es Penck, als ob mit Annahme diffuser Beleuchtung 
die Lehmannsche Schattierung zu erklären sei, kam aber bald davon wieder ab, da 
sie auf Böschungstreue verzichtet und noch schwächere Abstufungen als die senk 
rechte Beleuchtung bewirkt. Er vertieft sich mehr in das physikalische Gesetz der 
Lichtabstufungen schräg lagernder Flächen und vergleicht an der Hand einer Tabelle 2 
die darauf gegründete Helligkeitsskala mit den Schattierungen von Lehmann, auf 
der bayrischen Karte und auf Grund von Scharung der Isohypsen. Da mit 1 der 
höchste Grad der Sättigung des Schattens, also Schwarz bezeichnet wird, ist es auf 
fällig, daß bei der Schattengebung durch die Isohypsen für 60° einen Wert von 1,732, 
also rund l 3 / 4 eingesetzt wird. Aber schwärzer als schwarz kann auch kartographisch 
kein Hang gezeichnet werden. 
327. Die zentripetale Beleuchtung. Die Betrachtung der Eosengartengruppe bei 
Bozen im Abendsonnenschein hat Penck auf den Gedanken gebracht, von einer Seiten- 
beleuchtung oder zentripetalen Beleuchtung zu sprechen. 3 Er glaubt dadurch 
einen gut gangbaren Weg zur Erklärung des Lehmannschen wie überhaupt jeglichen 
Beleuchtungssystems gefunden zu haben. Ich bezweifle das. Ohne den ganzen wissen-, 
schaftlichen Apparat Pencks in Bewegung zu setzen, kann man sich die Pencksche 
zentripetale Beleuchtung kurz deuten: Bei der Lehmannschen Manier denkt man sich 
die Lichtquelle in unendlicher Entfernung senkrecht über dem Gebirge, so daß die 
Lichtstrahlen parallel verlaufen, und bei der zentripetalen zur Seite des Gebirges 
(gleichsam um 90° umgekippt, von der Senkrechten in die Horizontale), womit ein 
1 A. Penck, a. a. O., S. 80. 
2 A. Penck, a. a. O., S. 81: 
Böschungen 
0° 
5° 
10° 
15° 
20° 
25° 
30° 
45° 
60° 
Helligkeit bei d. horizontalen 
Sei tenbeleuc htu ng 
0 
0,087 
0,174 
0,259 
0,342 
0,423 
0,500 
0,707 
0,866 
Schatt. nach Lehmann 
0 
0,111 
0,222 
0,333 
0,444 
0,555 
0,666 
1,000 
— 
Schatt. der bayr. Karten 
0 
0,083 
0,167 
0,250 
0,333 
0,416 
0,500 
0,750 
1,000 
Schattierung durch Isohypsen 
0 
0,087 
0,176 
0,268 
0,346 
0,466 
0,577 
1,000 
1,732 
3 A. Penck, a. a. O., S. 81. Warum Penck „zentripetal“ schreibt, ist mir nicht ganz ver 
ständlich, wo die deutsche Bezeichnung „Seitenbeleuchtung“ viel mehr und Besseres sagt. „Zentri 
petal“ gehört auch zu den Schlagwörtern (S. 16), gegen die Front gemacht werden muß. Im vor 
liegenden Fall ist es sogar unlogisch gebraucht. Höchstens könnte man von pedaler Beleuchtung 
sprechen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.