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Die wissenschaftlichen Grundlagen der Geländedarstellung.
druck Lichtplastik auf ein ganz anderes Gebiet, von dem der Schatten- bzw.
Böschungsplastik auf das der Farbenplastik verschoben.
Aber warum die Deutung einer Beleuchtung an den Haaren herbeiziehen, da
sich viel praktikablere Wege zeigen? Man kann ja die Lehmannsche Böschungs-
schraffe direkt als Symbol der Belichtung auffassen und dann bei Einhaltung der
wahren Beleuchtungsgesetze den Unterschied zur Lehmannschen Skala feststellen.
So kommt man auf schnellerm und direktem Weg zu dem gleichen Besultat wie auf
dem Umweg der zentripetalen Beleuchtung. Diese außerdem für die schräge Be
leuchtung als nützlich zu empfehlen, halte ich wegen ihrer umständlichen rechnerischen
Festlegung für die Praxis viel zu schwierig. Ferner denkt Penck daran, hei der schrägen
Beleuchtung die dunkeln Schatten ausgiebig für die im Eigenschatten liegenden
Partien zu verwenden. Bisher galten aber die aufgelichteten Partien im Schatten
der Gehänge — eine Erscheinung, die der Natur direkt abgelauscht ist, die auch ihre
beleuchtungstechnische Erklärung findet — als ein Vorzug der schrägen Beleuchtung.
Die Striche und Punkte, die als Symbole der Beleuchtung dienen, sucht Penck
dem sinnlichen Empfinden nahe zu bringen, indem er für ihre Kennzeichnung eine
in die Augen springende rötliche Färbung vorschlägt. Weiter empfiehlt er für Karten,
deren Gelände nur in einem besondern Farbton veranschaulicht werden soll, diesen
nicht mehr wie bisher, um die Schatten anzudeuten, grau oder braun, sondern rötlich
zu bringen. Geeignete rötliche Färbung zeigen beispielsweise die Baedekerkarten.
Die im Druck fuchsrot ausgefallenen Baedekerkarten können ästhetisch nicht voll
befriedigen. Die Farbe wurde lediglich gewählt, damit die schwarze Schrift- und
Situationsplatte um so mehr hervortrete. Wer schwarze Abzüge dieser Karten in der
Hand gehabt hat, wird bedauern, daß sie, die durch ihre vortreffliche Schattenplastik
hervorstechen, im Beisehandbuch selbst nicht erscheinen.
Interessant ist Pencks Bemerkung über die Brauchbarkeit bzw. Benutzung
von Karten in schräger und senkrechter Beleuchtung. „Es ist aber nicht zu leugnen,
daß das Wandern im Hochgebirge an der Hand der Dufourkarte weit schwieriger ist
als mit einer lehmannisch beleuchteten österreichischen oder deutschen Karte, wie
sehr die letztem auch an plastischer Wirkung hinter der Dufourkarte zurückstehen.
Bei einer solchen Sachlage halten wir die Schattierung nach Lehmann (und nach
zentripetaler Seitenbeleuchtung) 1 für die richtige Geländedarstellung auf Spezial-
karten, die zur Orientierung im Gelände und nicht bloß zur Orientierung über das
Gelände dienen sollen.“ 1 2 Diesem Gedanken, wenn auch nicht so prägnant ausgedrückt,
begegnen wir bereits in den „Studien über die Spezialkarte der österreichisch-ungarischen
Monarchie“, von Ed. Bichter 3 , worin er sagt, daß er kein Anhänger des reinen Iso
hypsensystems ist wie es die neuen Blätter des eidgenössischen Stabsbureaus durch
führen, „da dies die rasche Orientierung in einem fremden Gebiet zu sehr erschwert“.
Auch verteidigt er nicht die einseitige Beleuchtung der Dufourkarte und neuern
Karten des Schweizer Alpenklubs, ihm liegt das Ideal in einer Verbesserung der senk
recht beleuchteten Schraffenkarte, wie sie in der Spezialkarte 1 : 75000 vorliegt.
1 Diese Worte Pencks habe ich eingeklammert, da die zentripetale Beleuchtung zur Erkenntnis
des Ganzen tatsächlich überflüssig ist.
2 A. Penck, a. a. O., S. 85. Gibt da Penck nicht einer ähnlichen Erfahrung schriftlichen Aus
druck, wie E. Oberhummer, s. Anm. 2, S. 552.
3 Ed. Richter: Studien üb. d. Spezialkarte der österr.-Ungar. Monarchie 1:75000. Beiträge
zur Geschichte u. Geographie der Alpen. III. Z. d. D. u. Ö. A.-V. 1877.