Senkrechte und schräge Beleuchtung.
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Mit Penck beschließen wir die Reihe derjenigen, die sich eingehender mit der
Kritik und Klarlegung von schräger und senkrechter Beleuchtung befaßt haben.
Viele Theoretiker und Praktiker verhalten sich rein referierend über beide Beleuch
tungen, ohne eine bestimmte Stellung zu einer von beiden zu nehmen, wie H. Wagner 1 ,
H. Haack. 1 2 Referierend ist auch nur W. Wolkenhauers Aufsatz über ,,die karto
graphische Darstellung der senkrechten Gliederung der Erdoberfläche“ 3 , worin er
Meinung gegen Meinung der einzelnen Autoren ausspielt, selbst aber keine eigene
Ansicht zum Ausdruck bringt. Eingehender über Wesen und Anwendung von senk
rechter und schräger Beleuchtung berichtet M. Groll in seiner Kartenkunde 4 und
A. Bludau im Leitfaden der Kartenentvmrfslehre. 5
328. Die senkrechte Beleuchtung als Axiom des Wissenschaftlers. Uns verbleiben
noch die Ansichten und Aussprüche einiger maßgebender Männer, an die wir nicht
stillschweigend vorübergehen möchten. Von Wichtigkeit erachten wir die Beurteilung
beider Beleuchtungsarten von A. Heim, dem man als Geologen und großen Porträ-
tisten seiner Heimat (Säntispanorama usw.) ein unbefangenes Urteil Zutrauen kann.
Die Montblanc-Karte von Imfeld erkennt er als ein Meisterwerk an; nach ihm ist sie
gar ,,in Bezeichnung auf Klarheit und individuelle Charakteristik der Berge und Täler,
besonders der Felsen, des Felsschuttes, der Firnfelder, Gletscher und Steilgehänge
das überhaupt Vorzüglichste, was jemals in kartographischer Gebirgsdarstellung
erreicht worden ist.“ 6 Dies Lob hält ihn jedoch nicht ab, sich rückhaltlos zur senk
rechten Beleuchtung zu bekennen. Darüber hat er einen bemerkenswerten Brief an
Chr. v. Steeb geschrieben 7 , worin er ausführlicher darlegt, daß es bei Karten kleinern
Maßstabes (1 : 1000000 und darunter) fast gleichgültig ist, welche Beleuchtung man
anwende, weil darauf mehr in Betracht komme, zu zeigen, wo Bergmassen sind und
wo keine. Angesichts der prächtigen Karten in Stielers Handatlas, die auf C. Vogel
zurückführen und in einem Maßstab 1:1500000 (Deutschland, Österreich-Ungarn,
Frankreich, Italien, Spanien und Portugal) entworfen sind, muß man die Grenze
schon auf 1 : H/2 Million hinaufrücken; denn man ist erstaunt, was für kleine Boden
formen ein geschickter und wissenschaftlich durchgebildeter Kartograph noch zu
veranschaulichen vermag. Heim fährt sodann fort: „Sobald der Maßstab größer wird,
ist die Frage wichtiger. Man mag dann die schiefe Beleuchtung ausführen wie man
will, sie wird stets zeigen, daß sie erstens für den Gesamteffekt aus der Entfernung
günstig, zweitens für das nähere Studium und die Verwendung der Karte im Ein
zelnen schlecht ist. Je größer aber der Maßstab, desto wichtiger wird die Verwendung
der Einzelform, desto größer werden die Unannehmlichkeiten der schiefen Beleuchtung.
Stets erscheint der schattige Abhang steiler als er ist, stets erscheint der belichtete
flacher als er ist. — Ich bin also bei größerm Maßstabe ganz nur für Vertikal
beleuchtung.“
1 H. Wagner: Lehrbuch, a. a. O., S. 246—247.
2 H. H aack i. G. J. XXVI, 1903/04, S. 397; XXIX, 1906/07, S. 380, 381; XXXIII, 1910,
S. 183.
3 W. Wolkenhauer i. Deutsche Rundschau f. Geogr. u. Statistik, III. 1880, S. 1 — 10.
4 M. Groll: Kartenkunde. II. Berlin u. Leipzig 1912, S. 33—35, 37.
5 A. Bludau: Leitfaden der Kartenentwurfslehre von K. Zöppritz. 2. Aufl. von A. Bludau. TT.
Leipzig 1908, S. 48-52, 57.
6 Nach E. Hammer zitiert in G. J. XX. Gotha 1897/98, S. 450.
7 Chr. v. Steeb, a. a. O., Wien 1896, S. 61, 62.