Vom Lichteinfall im besonder».
561
die Besiedelung, die Berieselung, alles kommt in Widerspruch mit der Karte, wenn
wir auf der Nordhalbkugel NW-Beleuchtung anwenden. — In Summe sage ich also:
Der objektiven Darstellung der Bergformen entspricht am besten und ist wissen
schaftlich am besten zu gebrauchen die Vertikalbeleuchtung. Will man durchaus
schiefe Beleuchtung, ist es einzig richtig, eine Richtung der Beleuchtung zu wählen,
welche der Natur nicht widerspricht, also für die Nordhalbkugel SW-, S- oder SO-
Beleuchtung.“
Die Ansichten von Becker und Heim kehren bei E. Hammer erweitert wieder,
indem er außer anderm noch die „Sommerhalden“ und „Winterhalden“ 1 hervorhebt.
Jene werden auf unsern Karten mit dichten Schattenmassen überlagert und diese
bei dem üblichen NW-Lichteinfall grell erleuchtet. Mit besonderm Nachdruck weist
er in der Kontroverse mit Habenicht auf die Vorteile der südlichen Beleuchtung hin.
Dieser bedeutende Vertreter der Praxis macht geltend, daß sich in der praktischen
Kartographie die Beleuchtung und Orientierung nach dem Stande der Sonne zu
richten nicht empfehlen würde, „denn dann müßten beide auf der Süderdhälfte
wechseln, unter dem Äquator aber dürfte nur Morgen- und Abendbeleuchtung gelten.“ 2
Aber wie schnell Habenicht seine Ansicht geändert hat, zeigt die schöne Geländekarte
vom Seeberg bei Gotha, die zirka vier Jahre später erschien als er das Vorhergehende
geschrieben hatte; und sie erscheint in der naturgemäßen SW-Beleuchtung. 3
Schroff wendet sich E. Brückner gegen die Anhänger des Systemwechsels
der üblichen Beleuchtung. 4 Er betont, daß gerade ein sehr wesentlicher Teil der
malerischen Wirkung der „Wandkarte der Schweiz“ zweifellos auf der schrägen Be
leuchtung aus NW beruht. „Diese Beleuchtung aus NW ist für Karten fraglos die
einzig richtige“. Er kann es nicht einsehen, daß die Beleuchtung von SW eine natur
gemäßere sein soll, weil auf einer derartig beleuchteten Karte doch „die Verteilung
der Schatten auf der Karte in schärfsten Widerspruch mit der Verteilung von Licht
und Schatten im Zimmer tritt“. Unstreitig leidet, wie er sagt, die Schattenplastik
durch solcherlei Verfahren, von dessen Wirkung man sich am besten überzeugen kann,
wenn die Wandkarte mit S nach N aufgehängt wird; soweit ist und bleibt eben die
Zimmerbeleuchtung für die Schreibenden oder Zeichnenden die einzig richtige Be
leuchtung. „Aus diesem Grund wird die Beleuchtung der Karten aus NW stets bei
behalten werden müssen.“
In der „Schattenplastik und Farbenplastik“ hält Peucker die Zimmerbeleuchtung
für Karten kleinern Maßstabes angebracht 5 , da auf solchen Karten die Wirkungen
von Sonnen- und Schattenseite nicht ersichtlich sind. In seinen spätem Studien
weist er das handgerechte Fensterlicht als die „einzige richtige Beleuchtung“, wie
Brückner sagt, zurück 6 , w T eil die Geographen in der Beleuchtungsart, die gegen das
naturgemäße Abbild der Sonnen- und Schattenseite der Gebirge verstößt, selbst wenn
auf der Schweizer Karte in Stielers Handatlas) müßte es gerade umgekehrt der Fall sein. Je tiefer wir
in die Bes edelungs- und Kulturgeographie eindringen, merken wir immer deutlicher, wie unhaltbar
und unlogisch die nordwestliche Beleuchtung ist.
1 E. Hammer i. P. M. 1898, S. 95.
2 H. Habenicht i. P. M. 1897, S. 187.
3 s. zweiten Teil von Anm. 3 auf S. 550.
4 E. u. A. Brückner: Zur Frage der Farbenplastik i. d. Kartographie. Mit. d. Geogr. Ges.
in Wien 1909, S. 193, 194.
5 K. Peucker: Schattenplastik u. Farbenplastik. Wien 1898, S. 71.
6 K. Peucker: Höhenschichtenkarten. Z. f. Verm. 1911, S. 68.
Eckert, Karten Wissenschaft. I.
36