Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Die bunte Schraffe. 
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339. Die buntfarbige allgemeine Schraffenkarte. Ein ganz eigenartiger und 
interessanter Versuch einer farbigen Schraffenkarte hegt in der Karte des Rigis in 
1 : 125000 von E. Friedrich vor. 1 An dem gleichen Objekte, das ich einige Jahre 
zuvor zum Vorwurfe meines Punktsystems gemacht hatte, erprobt Friedrich sein 
neues Geländedarstellungsverfahren. In seiner Leipziger Habilitationsschrift kommt 
er bloß nebenbei auf die Terraindarstellung zu sprechen 1 2 , deren Heil er in der Ver 
einigung von Böschungsschraffe mit Höhenveranschaulichung erblickt, d. h. in einer 
wirklichen Verschmelzung beider und nicht in dem Übereinanderdruck von Böschungs- 
schraffen- und farbiger Höhenschichtendarstellung. Das Mittel glaubt er darin ge 
funden zu haben, der Böschungsschraffe die Eigenschaft zu geben, daß sie zugleich 
höhenveranschaulichend wirkt, was dadurch geschieht, daß man die Schraffe in der 
Farbe der Höhenschicht gibt, in der sie verläuft. Friedrich sagt deutlich, daß auf 
diese Weise Böschung und Höhenlage zugleich meßbar und anschaulich werden. 
In der Zeitschrift ,,Globus“ bringt er nun das dieser Theorie entsprechende Karfen- 
bild des Rigis. 
In vier Punkten stellt Friedrich die Vorzüge zusammen, die sein System gegen 
über einem Zusammendruck von Schraffenbild mit Höhenschichtkarte besitzt. 
Ihm schweben aber da mehr die Regionalfarbschichten und Schraffen der Schul- und 
verwandten Karten vor, ohne daran zu denken, daß sie weder reine Höhenschichten 
(im strengen Sinne des Wortes) noch reine Böschungsschraffen zeigen. 
Der erste Vorzug soll nach ihm darin bestehen, daß die Kämme, Talsohlen, 
Plateaus, also die horizontalen Flächen, da sie weiß bleiben, besser zur Geltung 
kommen als bei den Höhenschichttönen. Dem ist gleich entgegenzuhalten, daß 
das, was als Vorzug hervorgehoben wird, gerade der Nachteil jeder senkrecht, auch 
schräg beleuchteten Schraffenkarte ist, insofern ebene Geländeflächen, ganz gleich 
in welcher Höhe, immer im gleichen Farbton, also weiß, erscheinen; welcher Fehler 
einer Höhenschichtkarte von Natur aus nicht anhaften kann. 
Ein weiterer Vorzug soll darin bestehen, daß auf dem weißen Untergrund die 
Schraffe in der gegebenen Stärke hervortreten kann, wohingegen sie beim Flächen 
kolorit diese Kraft einbtißt, besonders auf dunkeln Tönen. Doch wieweit ich auch 
auf guten Karten Umschau halte, muß ich feststellen, daß sachkundige Kartographen 
die Regionalfarben nicht so dunkel halten, daß dadurch die Stärke der Schraffe be 
einträchtigt würde. Unter Umständen kann die dunkle Schraffe und der dunkle 
Farbton gewollt sein, um dadurch eine größere Plastik des Bildes zu erzielen. Ferner 
sollen die Schraffen auf hellerm Untergrund steiler und auf dunklerm, also auf den 
obersten Stufen, flacher wirken. Das hat w r ohl bis jetzt noch kein Kartenkundiger 
aufgestochen. Die steile oder weniger steile Böschung wird vorzugsweise durch die 
Entfernung der Schraffen untereinander, durch ihre Länge und Stärke ausgedrückt. 
Die Unterstützung dieses Effektes durch die Farbe ist zu minimal, als daß man ihr 
bis jetzt größere Aufmerksamkeit gezollt hätte. Friedrichs Ausführung wird mir nur 
erklärlich, wenn ich annehme, daß er sich damals noch nicht in das Wesen der 
Böschungsschraffe hineingearbeitet hatte. Man sieht das aus der Karte selbst; ob- 
1 E. Friedrich: Karte des Rigi. Ein Beitrag zur Terraindarstellung. Globus. Illustr. Z. f. 
Länder- u. Völkerkunde. LXXXII. 1902, S. 109, 110. Dazu 1 Kartentafel. 
2 E. Friedrich: Die Anwendung der kartographischen Darstellungsmittel auf wirtschafts 
geographischen Karten. Habilitationsschrift Leipzig 1901. — Es ist sehr zu bedauern, daß Friedrich 
seine ausgezeichneten kartenwissenschaftlichen Studien nicht fortgesetzt hat.
	        
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