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Die wissenschaftlichen Grundlagen der Geländedarstelluug.
wohl sie bei dem Maßstab 1 : 125000 die Böschung im Sinne Lehmanns hätte zum
Ausdruck bringen können, behandelt sie die Schraffe bloß als Schatten- und allgemeine
Geländeschraffe. Aber dadurch, daß Steilabhänge auf niedern Stufen hell erscheinen,
dagegen auf höhern Stufen, selbst wenn sie nicht so steil sind, dunkel und dadurch
wesentlich steiler, wird ein falscher Eindruck erzeugt. Man sehe sich nur auf der
Bigikarte den Steilabfall des Yitznauer Stockes gen Gersau an. Übrigens sieht
Friedrich späterhin diesen Mangel des Verfahrens selbst ein, daß die gleichen Terrain
striche in den verschiedenen Farben verschieden intensiv wirken, d. h. verschiedenen
Böschungscharakter besitzen.
Es ist großenteils richtig, was als dritter Vorzug hingestellt wird, daß auf weißem
Untergrund die Farbe der Schraffe reiner bleibt als auf farbigem. Das ist indessen
nebensächlich, und eine etwaige Kollision weiß die heutige Farbentechnik so ge
schickt zu vermeiden, daß wir kaum ein Beispiel des Gegenteils auf unsern guten
Atlas- und Schulkarten anzuführen vermögen; und wird das Schraffenbild schwarz
gedruckt, leidet die Schraffe durch das farbige Schichtenbild keineswegs, wie es
Kofistka schon vor länger als einem halben Jahrhundert bewiesen hat (s. weiter unten).
Als letzter Vorzug wird das Gleichgewicht hervorgehoben, das zwischen Böschung
und Höhe in dem Friedrichschen System besteht, aber bei einer mechanischen Ver
einigung von Schraffen und Höhenschichtkarte bedenklich leidet, insofern die
Höhenlage der Böschung der Schraffe gegenüber zu sehr dominiert. Richtig wird
hierbei betont, daß die Höhenschichtendarstellung das Terrain in Stufen abgesetzt
erscheinen läßt, welchen Mangel wett zu machen selbst der Schraffe nicht ganz ge
lingt. Indessen ist das Gleichgewicht auf der Rigikarte nur scheinbar, was sich schon
aus den Tatsachen erklären läßt, die ich oben anführte. Wann kann ein Gleichgewichts
zustand eintreten? Sicher da nur, wenn man es mit gleichwertigen, gleichwägbaren
Massen oder Begriffen zu tun hat. Nun ist die Böschung etwas ganz anderes als die
Höhe. Bei geringer Höhe kommen starke Böschungen vor, bei größerer Höhe sanfte
Böschungen, wo ist nun da das entscheidende Moment, da beide im Gleichgewicht
sind ? Es ist denkbar, daß man für den optischen Eindruck, den farbige Höhenschicht
und farbige Schraffe hervorrufen, eine Art Gleichgewicht feststellen kann. Das er
scheint mir jedoch als ein Problem, das auch in den nächsten Dezennien noch nicht
als spruchreif erklärt werden wird. Ich finde im Gegenteil, daß die Rigikarte recht
unruhig wirkt, was bei einem Gleichgewicht nicht der Fall sein dürfte. Würden diu
Schraffen darauf samt und sonders in Grau gedruckt sein und darüber ein Höhen
schichtengewand in den Nuancen der vorliegenden Karte gestülpt, jedoch ohne deren
klobige Umgrenzungsschichtlinien, dürfte ein wesentlich ruhigeres und plastischeres
Bild entstehen.
Ganz abgesehen von der technischen Schwierigkeit der Herstellung eines solchen
Kartenbildes, auf die bereits H. Haack hinwies 1 , dürfte ein derartiges Geländebild
kaum zur Nacheiferung reizen, was es bis jetzt auch nicht getan hat. Als Schraffen-
instruktionsbild hat es großen Wert, weil es zeigt, wie es eben nicht gemacht werden
soll. In diesem Punkte bin ich mit K. Peucker gleicher Meinung 1 2 , obwohl ich nicht
in Abrede stellen will, daß, wie gleichfalls E. Hammer sagt 3 , für bestimmte Zwecke
1 H. Haack i. G. A. 1902, S. 152. Desgl. i. G. J. XXVI. 1903, S. 399.
2 K. Peucker i. Vierteljahrsh. f. d. geogr. Unterr. I. 1902, S. 296.
3 E. Hammer i. P. M. 1903. LB. 258, S. 78.