Die historische Methode in der Kartographie.
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Moll, Templema.n und Kitschin die wichtigsten Vertreter. Frankreich hat mehr
zu verzeichnen, Namen wie G. Delisle, d’Anville, Vaugondy, Cassini, Buache,
Bellin, Ducarla, Dupain-Triel sind unvergänglich mit der Geschichte der Karto
graphie und der Wissenschaften verknüpft. Mehr noch als G. Delisle (1675—1726)
ist J. B. Bourguignon d’Anville (1697—1782) als der erste moderne wissenschaft
liche Kartograph Frankreichs anzusehen. 1
Im 19. Jahrhundert kristallisieren sich Kartographie und zugehörige Wissen
schaft mehr und mehr in besonder!; Institute, unter denen in Deutschland J. Perthes
in Gotha alles Ähnliche des In- und Auslandes überragt. In Großbritannien hat
namentlich J. G. Bartholomew in Edinburg die alten guten Traditionen der
englischen Kartographie, besonders die zarte Situationszeichnung und den feinen
Namenstich, weiter gepflegt. Die neuere nicht offizielle Kartographie Frankreichs doku
mentiert sich am vorzüglichsten in dem bei Hachette et Cie. in Paris erschienenen
großen Atlas von Vivien de St. Martin, den Fr. Schräder fortsetzte und vollendete.
Die Karten des Atlas sind sorgfältig bearbeitet und erfreuen durch ihren schönen
und feinen Kupferstich, der manchem bald zu zart erscheinen mag. In Österreich
hat schon seit vielen Dezennien der kartographische Verlag Artaria & Co. in Wien
einen guten Klang, nachdem in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts der Feld
zeugmeister von Hauslab 1 2 den kartographischen Arbeiten neue Perspektiven er-
öffnete und heute KarlPeucker an der Spitze dieses Unternehmens im Hauslab-
schen Geiste weiterarbeitet. In neuester Zeit kommen Peuckerts kartographische
Kenntnisse und Fertigkeiten auch der kartographischen Anstalt von G. Frey tag
& Bern dt in Wien zugute. In der Schweiz hatte J. M. Ziegler in Winterthur eine
eigene Schule begründet. Ihren Höhepunkt erreichte sie in den Karten von St. Gallen
und Appenzell. Ziegler gehört zu den hochverdienten Altmeistern der topographischen
Wissenschaft; er begnügte sich nicht bloß mit der Reproduktion der eidgenössischen
Aufnahme, sondern suchte alle Gesichtspunkte der in Betracht kommenden Wissen
schaft bei der Herstellung der Karten zu berücksichtigen. Darum pflegte er nicht bloß
mit den besten Kennern, den Geologen seines Landes Rücksprache, sondern auch mit
bedeutenden Vertretern der Erdkunde (§16, 87). Auf Zieglers Werke wie über
haupt auf die Neugestaltung zahlreicher Karten der Schweiz hat die Dufourkarte
einen unverkennbaren Einfluß ausgeübt. Doch darüber später mehr.
14. Die großen kartographischen Anstalten Deutschlands. Denken wir an
J. Perthes, dann steigen, abgesehen von den gegenwärtigen tüchtigen kartographischen
und wissenschaftlichen Kräften der Gothaer Anstalt, die Männer, wie Stieler (f 1836),
E. v. Sydow (f 1873), Petermann (f 1878), Heinr. Berghaus (f 1884), Herrn.
Berghaus (f 1890), K. v. Spruner (f 1892), 0. Vogel (f 1897), Lüddecke (f 1898),
Hassenstein (f 1902), Habenicht (f 1917) vor unserm Geiste auf. Sie haben
1 W. Wolkenhauer sagt über d’Anville in d. Deutsch. Rundschau f. Geogr. u. Statistik.
XIX. Jahrgg. 10. Heft: „Der 200. Geburtstag des großen Meisters der Kartographie aber mag dem
Jünger dieser Wissenschaft eine Mahnung sein, sich auch heute noch dessen Arbeiten zu erinnern
und daraus zu ersehen, welch langer Weg es ist, der von den frühem rohen Erd- und Länderbildern
bis zu unserer heutigen Kartograplne führt.“
2 E. v. Sydow sagte über von Hauslab, daß er in seiner Person den unermüdlichen und ge
wandten Zeichner mit dem denkenden Geographen und nimmer rastenden Forscher vereine. Der
kartogr. Standpunkt Europas in den Jahren 1865 und 1866. P. M. 1867, S. 145. — Über Hauslab
vgl. auch K. Peucker: Schattenplastik und Farbenplastik. Wien 1898, S. 1—29.