Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

596 
Die wissenschaftlichen Grundlagen der Geländedarstellung. 
I 
wenigen Ausnahmen (s. S. 280) keine wahren Isohypsen gibt, wozu das Negative 
besonders betonen? Nach dem heutigen Stand der erdkundlichen hypsometrischen 
Forschung ist das „Wahr“ noch reichlich relativ, weshalb schon am besten ist, es 
vorderhand ganz wegzulassen, da es selbst als Epitheton ornans wenig Wert hat. 
II. Zur Kritik der Schichtlinien. 
352. Die Schichtlinien kleinmaßstabiger Karten. (Geographische Kritik.) Emp 
fehlenswert ist es, zwischen geographischer und geodätischer Kritik der 
Schichtlinien zu unterscheiden. Letztere hat es mit der Genauigkeit der Schicht 
linie auf topometrischen Karten, also auf Karten in katasterähnlichen Maßstäben 
zu tun, und wir haben sie, da sie für Geographie und Kartographie auch von Be 
deutung ist, zum mindesten allmählich an Bedeutung gewinnen soll, bereits einer 
eingehenden Würdigung unterzogen (s. S. 281 ff.). Auf den topographischen Karten 
kleinern Maßstabes und auf chorographischen Karten hat die Isohypsenuntersuchung 
besondere Wege und Methoden eingeschlagen, so daß wir berechtigt sind, von einer 
geographischen Kritik zu sprechen. Sie wird uns auch noch in den folgenden 
Kapiteln beschäftigen. Das Schwergewicht legt die geographische Kritik, wir können 
bald sagen: geographische Methode, darauf, zu untersuchen, wieweit der Linienzug 
der Isohypse auf Grundlage verschiedener Höhenmessungen als richtig anzusehen 
ist, wieweit es der Schichtlinie möglich ist, sowohl den allgemeinen Aufbau wie die 
Sonderformen des Geländes zu erfassen und wiederzugeben, in welchem Intervall die 
Schichtlinien aufeinanderfolgen und welches die zuträgliche Äquidistanz bei einem 
gegebenen Terrain und einem gegebenen Maßstab ist und damit zusammenhängend, bis 
zu welcher Dichte die einzelnen Schichtlinien zusammengeschart werden können. 
Daran schließt sich die Untersuchung über die Möglichkeit des Beitrags der Schicht 
linie zur Plastik des Geländes. 
353. Schichtlinienkarten erster und zweiter Ordnung. Für die großmaßstabigen 
Karten hat man Gesetze aufzustellen versucht, die den Lauf der Linie als den Mittel 
wert aus einer Beihe von Höhenzahlen festlegen. Die Schichtlinien auf den choro 
graphischen Karten sind nur teilweise so entstanden. Wo für unbekanntere Gegenden 
wenige Höhenzahlen vorhanden sind, wird es dennoch versucht, mit ihrer Hilfe ein 
hypsometrisches Bild zu erzielen. Es ist das gleiche Verfahren, wie es uns in der ersten 
Schichtlinienkarte Europas von Bredstorff und Olsen aus dem Jahre 1824 vorliegt. 
Diese so geschaffenen Karten sind durchaus Originalarbeiten erster Ordnung. Solche 
zweiter Ordnung sind die Schichtlinienkarten, die durch Generalisierung vorhandener 
Schichtlinienkarten großem Maßstabes in solche kleinern Maßstabs überführt werden. 
Das ist eine fast gleich schwere Arbeit und erfordert einen Geographen, der die Karten 
technik versteht, oder einen geographisch gut durchgebildeten Kartographen. Darum 
spreche ich von einer Originalarbeit zweiter Ordnung (s. S. 23). Bei den choro 
graphischen Schichtlinienkarten liegen uns jetzt zumeist Originalarbeiten zweiter 
Ordnung vor, bei deren Erstellung noch der Schwierigkeit der Bearbeitung des 
zumeist verschiedenartigen Schichtlinienmaterials gedacht sein mag. Die geplante 
Weltkarte in 1 : 1000000 zeigt das Gelände in Schichtlinien. Das, was ich bis jetzt 
von dieser Karte kenne, hat bei mir noch nicht den Eindruck einer guten Isohypsen 
bearbeitung erweckt (s. S. 111).
	        
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