Zur Kritik der Schichtlinien.
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stab 1:25 000 mit 20metriger Schichtlinienentfernung die Strecke <j zu 150 m ab
gegriffen worden und erstreckt sie sich über 6 Intervalle = h, dann ist = 150 = 1,25
® ® h 120 5
und die Steigung 1 : 1,25. Ist h im ganzen nur 20 m, dann ist die Steigung 1 : 57,5.
Der Neigungswinkel cp selbst wird gefunden nach der Formel tg (p = h/g. Demnach
beträgt der Neigungswinkel des ersten Beispiels — 38 2 / 3 °, des zweiten = 7 2 / 3 °
und des dritten = 587 3 ' oder rund 1°. In der Praxis macht man es sich so be-
quem wie möglich. So hat man sich bei der Berechnung der Steigung von Straßen,
Wegen, Eisenbahnen, Wasserläufen, wo es sich in der Hauptsache um mäßige Neigungs
winkel handelt, für den gewöhnlichen Gebrauch allerhand Näherungsformeln zurecht
gelegt, die sich jedoch nicht für Bergabhänge eignen. Um die Aufstellung und den
Gebrauch solcher Näherungswerte hat sich P. Kahle verdient gemacht 1 , deren Stärke
zwar mehr für Überschlagsrechnungen bei technischen Vorerhebungen bestellt als
für kartographische Erwägungen. Indessen lassen sie sich auch vonseiten des Geo
graphen mit einigem Nutzen bei Wanderungen gebrauchen.
Nachdem man die Scheu überwunden hatte, offizielle Karten in Schichtlinien
herauszugeben 2 , machte man die Erfahrung, daß mit einem vorgeschriebenen Iso
hypsenintervall ein ausgedehntes Land mit reichem Formenwechsel nicht gleichmäßig
darzustellen ist. Schon in der französischen Instruktion vom 15. März 1851 heißt
es: „Wenn die Abhänge zu steil sind, um Kurven von 10 zu 10 in zu ziehen, was oft
im Hochgebirge der Fall sein wird, soll man die Kurven von 40 zu 40 m ausziehen“
(für Minutes 1 : 40000). 3 Eine feste Regel dafür bestand nicht, obwohl man sich damals
wie auch später wohl bewußt war, daß es von fundamentaler Wichtigkeit ist, die
Kurvenäquidistanz richtig zu wählen. 4 Auf die gleichen Erfahrungen blickten die
Schichtlinienkarten, die wir der chorographischen Gruppe zuweisen. Hier war man
in dem Wechsel des Intervalls nie engherzig, verfolgte auch selten ein wissenschaftliches
Prinzip und ließ sich lediglich von der allgemeinen Regel leiten, je höher das Gebirge,
um so größer der Sprung der Schichtlinienentfernung. Einmal verdoppelte man die
senkrechten Abstände, z. B. 100 m, 200 m, 500 m, 1000 m, 2000 m, oder man ließ
sie mehr progressiv wachsen, 100, 200, 300, 500, 700, 1000, 1500, 2000, 3000, 4000.
Doch allzu leicht litten viele Karten, ganz gleich, ob sie topographisch oder chorographisch
waren, an embarras de richesse, eben weil das Auseinanderhalten der Schichtlinien
bei den gegebenen Maßstäben unmöglich war. 5 Freilich wurde auch viel nach Ge- 1 2 3 4 5
1 P. Kalxle: Betrachtungen zu Höhenschichtenkarten. G. A. 1920, S. 155, 156.
2 Unter den Mitgliedern der französischen Kommission von 1827, die sich mit der Einführung
der schrägen oder senkrechten Beleuchtung bei der Karte 1:80000 beschäftigte, wurde auch die Frage
gestreift, ob es nicht besser sei, die Karte bloß in Horizontalkurven herauszugeben. Dagegen machte
Oberst Bonne geltend, daß man dadurch nur einer Revolution in der Topographie Vorschub leiste
und sich ganz und gar isoliere, da man sowieso schon im Begriff stehe, sich von den Nachbarstaaten
zu trennen, indem man die schräge Beleuchtung beibehalte und sie ganz allein durchführen wolle.
Memorial V, S. 462.
3 Berthaut: La carte de France. I. Paris 1898, S. 328ff.
4 S. Simon: Alpine Plaudereien. Z. d. D. u. Ö. A.-V. 1893, S. 385.
5 Siehe Wieser bei der Besprechung der von J. S. Gerster herausgegebenen Handkarte von
Vorarlberg und angrenzenden Gebieten in 1:175000, Bregenz, s. a. Geogr. Jahresbericht üb. Öster
reich. I. 1894. Wien 1897, S. 96. — Auf der nach der Mitte des vergangenen Jahrh. hg. Spezialkarte
von Dänemark in 1:80000 waren die 10 Fußschichtlinien mit dem Kulturgerippe schwarz gedruckt
worden. Die Karte gibt ein übersichtliches Bild weder des Geländes noch des Kulturareals.