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Die wissenschaftlichen Grundlagen der Geländedarstellung.
guerre de la Crimée“ vom Jahre 1859 sind, welchen Atlas der Schweizer Randegger,
als er noch in Paris weilte, gestochen hatte. Ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich
annehme, daß Randegger durch die oben genannte Karte von Michaelis beeinflußt
worden war, denn letzterer war zu jener Zeit in der Schweiz wohl bekannt, besonders
durch seine Aargauer K^rte. 1
304. Die beleuchtete Schichtlinie (nach photographischer Aufnahme). Ein weiterer
Versuch, den Schichtlinien im Kartenbild mehr Realität zu verleihen, ist die photo
graphische Reproduktion von Stufen- bzw. Schichtenreliefs. Auch an dieses Ver
fahren schritt man schon früh heran. V. v. Streif leur spricht davon, daß er es 1858
angewandt habe. 1 2 Fast ein Dezennium später versuchte Bardin von dem Mont Dôme
in der Auvergne ein körperlich wirkendes Bild in 1 : 80000 mit Schichtlinien auf photo
graphischem Weg hervorzubringen, indem er zunächst ein Relief in Stufen, à gradin,
ausführte und unter schiefer Beleuchtung photographierte. Indessen w'aren diese
Versuche keine Glanzleistungen. War den Karten auch eine gewisse Wirkung nicht
abzusprechen, so traten die Schichtlinien doch nur auf der Schattenseite als schmale
dunklere Streifen in der gewünschten Weise hervor, nicht aber auf der belichteten
Seite als hellere. Dazu mußten von dem Negativ besondere Reproduktions- (Druck-)
Platten hergestellt und die Schichtlinien darauf auf der belichteten Seite nachgearbeitet
werden, was man damals noch nicht verstand. Besser schon ist der Versuch, der uns
auf der photographischen Abbildung eines Schichtenreliefs der Gegend von Stolpen
in Sachsen in 1 : 50000 aus dem Jahr 1885 entgegentritt, herausgegeben von C. Kopeke. 3
Das Kartenbild erscheint auf tonigem Untergrund. Die Schichten sind schräg von N
belichtet. Auf der Schattenseite erscheinen die Schichtlinien intensiv schwarz, auf
der Lichtseite in haarfeinen Linien, unterstützt durch einen feinen weißen Streifen,
der vielfach auch nur allein sichtbar ist. Daraus erkennt man, daß die Platte bereits
nachgearbeitet worden ist, damit sich die weißen Schichtlinien gut von dem bräunlich
tonigen Untergrund abheben. Als man das Lichtdruckverfahren mehr beherrschte,
fielen die Versuche besser aus und man erzielte prächtige Hochbildkarten, wie es auch
im letzten großen Kriege auf deutscher Seite an verschiedenen Heeresfronten der
Fall war. Da die Reliefs sehr begehrt waren, die Nachfrage jedoch in keiner Weise
befriedigt werden konnte, half man sich mit dem soeben besprochenen Verfahren und
stellte in Lichtdruckanstalten im Frontbereich wie in der Heimat eine größere Anzahl
Reliefkarten her (s. § 286), die unter günstigstem Sonnenlicht bei schräger Be
leuchtung aufgenommen worden waren. Diese Hochbildkarten mit scharfen,
schwarzen Schichtlinien im Schatten und hellen, sich vorteilhaft von grautonigem
Untergrund abhebenden Isohypsen auf der Lichtseite (auch auf der Platte nach
gearbeitet), erfreuten sich, wie schon bemerkt, größter Beliebtheit bei der Truppe, ins
1 E. Michaelis war ein ebenso gewandter wie wissenscbaftlicb durchgebildeter Kartograph,
der die Kartographie zu seiner Zeit nicht bloß praktisch, sondern auch theoretisch zu fördern verstand.
Nach der Lehmannschen Manier hat er mehrere zu A. v. Humboldts „Atlas de l’Amérique“ gehörige
Karten ausgeführt. In der Schweiz wandte er sich später der Schichtlinienmanier zu.
2 V. v. Streffleur, a. a. O., S. 29.
3 C. Kopeke: Über Reliefs und Reliefphotogramme. Der Civilingenieur. Leipzig 1885, S. 2
und 3. Hierzu T. 1. In dem Begleitwort zur Karte heißt es, daß es sich lohnen dürfte, da das nach
trägliche Einträgen von Schatten in eine Schichtlinienkarte, etwa nach H. Wiechels Annäherungs
verfahren, zwar denkbar aber mindestens schwierig sei, ähnliche Karten für Touristen und namentlich
auch für Schüler in größerer Zahl herzustellen.