Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

Die historische Methode in der Kartographie. 
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werden verdient. 1 In all diesen Arbeiten dokumentiert sich eine erstaunliche Sicher 
heit und Beherrschung des Stoffes, sie sind die Grundlage einer modernen Karten 
kritik geworden, die durch ihre zentralisierende Beleuchtung sehr verschiedener Me 
thoden auf mannigfaltige Kartenarbeiten, ebenso auf Verbesserung und Erweiterungen 
offizieller Mappierungsarbeiten anregend und belebend gewirkt hat. 1 2 Diese kritisch- 
kartographischen Arbeiten werden erfreulicherweise weiter gepflegt. 
Neben der Gothaer Anstalt haben sich verschiedene andere Institute in Deutsch 
land entwickelt, die gleichfalls Einfluß auf das kartographische Schaffen und Leben 
gewannen. Unter ihnen seien vorderhand allein genannt die kartographische Anstalt 
von Velhagen & Klasing in Leipzig, jetzt unter der Leitung von E. Ambrosius 
und vorzugsweise bekannt durch die Herausgabe des vielseitigen und praktischen 
Handatlas von Andree, und ganz besonders die Anstalt von H. Wagner & E. Debes 
in Leipzig. Die Seele der letztem ist E. Debes. Unter ihm wirkten und wirken 
P.Eifert (f 1898), E.Wagner (f 1916), O.Heymer (f 1917), C.Erdmann (f 1920), 
H. Fischer, 0. Winkel, H. Baumann u. a. 3 Die Wagner-Debessche Anstalt ver 
öffentlichte neben der großen Anzahl von Karten und Stadtplänen für die Reise 
handbücher von K. Baedeker zahlreiche kartographische Arbeiten für andere Ver 
leger und wissenschaftliche Institute, ferner den bekannten Neuen Handatlas von 
E. Debes und zum ersten Male in Deutschland nach neuen pädagogisch-methodischen 
Prinzipien eine Reihe stufenförmig sich erweiternder Schulatlanten und Wand 
karten. Die Debesschen Schulatlanten fanden durch ihre übersichtliche, deutliche, 
alles Nebensächliche unterdrückende, kräftige und doch dabei formrichtige, genaue 
Zeichnung, verbunden mit einer geschmackvollen, harmonischen Farbengebung und 
einer sorgfältig erwogenen Namenauswahl, sowie einer äußerst eleganten und scharfen 
Ausführung in Stich und Druck großen Beifall und entsprechende Verbreitung, 
aber auch eifrige Nachahmung. 
Die großen kartographischen Institute haben sich mit einem wissenschaftlichen 
Arbeiterstab umgeben, der zuletzt ein integrierender Bestandteil dieser Institute 
geworden ist. Dieser Typus in der kartographischen Entwicklung ist insbesondere 
bei J. Perthes ausgebildet worden. Zu Petermanns Zeiten war die Perthessche 
Anstalt eine kleine „geographische Gelehrtenrepublik“, gewiß eine interessante Phase 
im Entwicklungsgang der Kartographie. In Befolgung dieses Typus sind J. Perthes 
und andere Anstalten groß geworden. Ob das für die Zukunft die ausschließlich 
gegebene Form ist, bleibt noch abzuwarten. Es will mir dünken, daß die zukünftigen 
Aufgaben der Kartographie auf weitere Formen abgestimmt werden müssen, oder 
mit andern Worten, daß der Geograph, der nicht direkt in Diensten der Anstalt steht, 
wieder mehr zu den kartographischen Arbeiten herangezogen werden muß. Denn 
es entwickeln sich Aufgaben, die die einzelnen Anstalten mit ihren geographisch 
wissenschaftlich durchgebildeten Kartographen nicht allein bewältigen können 
(s. 8.6, 60). Einen Anfang dieser Neuerscheinung erblicke ich bereits in der Bearbeitung 
des „Grande Atlante Internationale“ des Touring Club Italiano mit dem Zentralsitz 
in Mailand. Eine große Schar italienischer Geographen sind an der Herausgabe des 
1 E. v. Sydow: Übersicht der wichtigsten Karten Europas. Berlin 18C4. 
2 Vgl. den Nekrolog über E. v. Sydow von Freih. v. Troschke i. d. „Mil.-Wochenblatt“ 
vom 18. Okt. 1873. — Wieder abgedruckt in P. M. 1873, S. 441—444. 
3 Darunter Kromayer, Ketzer (f), Carsten, Guoid Jungk, M. Groll, Sternkopf, Hölke, P. Bosse 
(Weimar).
	        
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