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Die wissenschaftlichen Grundlagen der Gcländedarstellung.
IV. Der wissenschaftliche Aufbau der Höhenschichtkarten.
1167. Die Isohypsen und ihr Zwischenraum. Alle Versuche, den Schichtlinien
außer einem ideellen Wert noch einen realen im Interesse der Geländeveranschaulichung
zu verleihen, sind mehr oder minder gescheitert. Nicht die Schichtlinie, sondern der
Zwischenraum zwischen den Schichtlinien ist das Feld, auf dem sich Schattengebung
und Farbe austummeln können. Das Linienelement wird für plastische Zwecke durch
das Flächenelement ausgelöst, was dem logischen Aufbau des Geländebildes voll
kommen entspricht, und der Zwischenraum büßt kein Jota seines Wesens ein, wenn
er als Fläche verschiedenartig in der Tonfärbung behandelt wird.
Bei der Schattierung oder Tönung der Zwischenräume, ganz gleich, nach welchem
Prinzip dabei verfahren wird, ist es notwendig, den Zwischenraum nach seiner Breite
zu bestimmen, ganz gleich, ob es sich um topographische oder chorographische Karten
handelt. 1 Vorzüglich sind es die letzten, die gern schichtfarbig dargestellt werden.
Für Karten kleinern Maßstabs ist, wie wir in den vorhergehenden Kapiteln zur Genüge
nachgewiesen haben, die Wiedergabe ihrer Schichtlinien bzw. Schichtlinienzwischen
räume in dem ihnen zukommenden Maßstab ausgeschlossen, womit nichts anderes
gesagt ist, als daß die Böschungen nicht mehr genau aus der Zusammenhäufung der
Schichtlinien zu ermitteln sind. Dies beabsichtigt ja auch gar nicht die Höhenschicht-
karte, die in der Hauptsache andere Zwecke verfolgt, nämlich die Veranschaulichung
der Höhe oder der Höhenlage der Massenerhebungen. Die Schichtlinien, die sich auf
den Höhenschichtkarten zeigen, sind teils reine Scheidungslinien für verschiedene
Farben oder für verschiedene Stufen ein und derselben Farbe, teils sind sie Trennungs
linien für größere gemeinsame orographische oder auch bio- und kulturgeographische
Tatsachen. Immer bleiben sie jedoch die unveränderte wissenschaftliche Basis der
Karte.
Als reine Trennungslinien können die Schichtlinien in gleichen oder ungleichen
Abständen einander folgen. Die ungleichen Abstände sind entweder ganz regellos
oder progressiv wachsend. Unzählig sind die Beispiele, die für all die Abstandsver
hältnisse angeführt werden können. Selten werden dabei wissenschaftliche Prin
zipien befolgt, und man erkennt, daß mehr praktischen Erfahrungen nachgegangen
wird. Soweit es der Maßstab gestattet, wählt man möglichst gleichgroße Stufen, im
Flachland selbstverständlich engere Stufen, z. B. 25 zu 25 m (Bludau) 1 2 , in den Mittel
gebirgen höhere Stufen, 50 zu 50 m (Keil) 3 oder 100 zu 100 m (Behrmann) 4 und in
1 Über die Schichtlinienentfernung auf offiziellen Karten, s. S. 604, 605.
2 A. Bludau: Höhenschichtenkarte der preußischen Seenplatte und des westpreußischen
Anteils der Pommerschen Seenplatte, 1:500000. P. M. Ergh. 110, 1894. Auf der Karte sind 15 Höhen
stufen zu je 25 m gezeichnet, mit 2 grünen wird begonnen, dann folgen 2 gelbe, 6 braune, 3 neutral
tintenfarbige u. 2 graue Stufen.
3 H. Keil: Höhenschichtenkarte des Thüringerwaldes. 1:100000. Eisenach 1895 und 1896.
Darauf 18 Höhenstufen zu je 50 m, von 100—1000 m. Die Stufen von 100—350 m sind grün, 350 bis
400 m weiß, die übrigen braun, nach der Höhe für jede Stufe dunkler abgetönt.
4 W. Behnnann: Isohypsenkarte des Harzes. 1:400000. T. 3 in Forschungen zur deutschen
Landes- und Volkskunde. XX. Heft 2, Stuttgart 1913. 100—200 m hellblau, 200—390 m hellgrün,
bis 400 m gelb, bis 500 m braun, bis 600 m rötlich, bis 700 m hellrot, bis 800 m rot, bis 900 m rot an-
gedunkelt, bis 1000 m dunkelrot, bis 1142 m rot, sehr dunkel.