Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

620 
Die wissenschaftlichen Grundlagen der Geländedarstellung. 
* 
schiedenen Erhebungen der Erdrinde nach Meter, Dekameter und Hektometer zu 
rubrizieren, heißt drei Höhenbezeichnungssysteme einführen, die stets zu Unklar 
heiten und Verwechslungen geführt hätten; es lassen sich leichter drei Höhenzahlen 
nach einem System als drei nach drei Systemen merken und auseinanderhalten. 
Immerhin schimmert durch die Humboldtschen Ausführungen der Gedanke durch, 
die Geländeformen nach ihrer Höhe zusammenzufassen und zu charakterisieren. Er 
wollte gewissermaßen durch die Zahl ersetzen, was späterhin den Regionalfarben 
besser gelang. Darum erschien es mir auch notwendig, Humboldts Verdienst bei der 
Untersuchung der wissenschaftlichen Grundlagen der Geländedarstellung nicht zu 
übergehen. , 
Anklänge an die Regionalfarben finden wir schon vor E. v. Sydow; indessen 
sind sie erst durch sein Wirken zu einem unveräußerlichen Bestandteil der Schul - 
karten geworden. Bei 200 m etwa werden die Tieflandformen zusammengefaßt, bis 
500 m die Hügelländer, bis 2000 m die Hochgebirgsformen. Von andern werden 
die charakteristischen Formen der Massenerhebungen etwas anders zusammengefaßt; 
im großen ganzen jedoch entfernen sie sich nicht wesentlich von den hier ziffermäßig 
angegebenen Grenzen. Grün wurde dem Tiefland gegeben, Braun den Gebirgsformen; 
in dieser Farben wähl der einzelnen Regionen begegnet uns ein logisches, natürliches 
Prinzip, weshalb die Regionalfarben auch großen Anklang und allgemeine Verbreitung 
fanden. Hauptsächlich haben sie mit mehr oder minder geringer Abänderung das 
schulkartographische Feld erobert. Vor E. v. Sydow dienten die Atlanten, insbesondere 
die Schulatlanten lediglich der politischen Geographie. Mit dem Sydowschen Schul 
atlas wurden mit einem Male die natürlichen geographischen Grundlagen in den 
Vordergrund gestellt, allerdings schon vor E. v. Sydow durch C. Ritter angeregt. 
Es ist ja erklärlich, daß derjenige Atlas, der in einer so wesentlichen oder geradezu 
in der wesentlichsten Hinsicht zuerst den richtigsten Weg einschlägt, sich diesem 
großen Verdienst entsprechend in der Gunst des geographischen Publikums fest 
setzt, und daß andere spätere Atlanten ihm auf längere Zeit hin nur schwer Konkurrenz 
bereiten konnten, selbst wenn sie in diesem oder jenem Punkt besser waren. 
Die Regionalfarben noch weiter zu vertiefen und mit ihnen ein bio- und kultur 
geographisches Moment verknüpft zu haben, ist in der Hauptsache nur zwei Autoren 
gelungen, C. Kolistka und V. v. Streffleur. Die Arbeiten beider haben wir bereits 
zur Genüge kennen gelernt. Die berühmte Karte der Tatra von Koiistka habe ich 
dort, wo es galt, künftige kartenwissenschaftliche Richtlinien festzustellen, eingehender 
gewüirdigt (S. 101), und Streffleurs vorzüglicher „Karten von Niederösterreich“ habe 
ich bei der geschichtlichen Entwicklung der Höhenschichtkarten in gebührender 
Weise gedacht. Daß selbst auch staatliche Höhenschichtkarten bei der Zusammen 
fassung von Stufen durch einheitliche Farben Kulturzonen im Auge hatten, habe ich 
bei der österreichisch-ungarischen hypsometrischen Karte in 1 :750000 und der 
italienischen in 1 : 500000 nachgewiesen. Nach diesen erfreulichen Ansätzen von 
Koiistka, Streffleur u. a. ist man um so erstaunter, daß sie keine Nachfolger ge 
funden haben, zumal die Höhen des Reliefs der Erde an klimatisch-, kultur- und bio 
geographischer Bedeutung gegenüber den nordsüdlichen Verbreitungsgrenzen kul 
tureller Erscheinungen mit einem „mehrtausendfachen Gewicht“ in die Wagschale 
fallen. 1 Vielleicht hatte man um die Wende des Jahrhunderts wichtigere karto 
1 K. Peucker: Die kartographische Darstellung der dritten Dimension. G. Z. 1901, S. 25.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.