Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

Zur Raumwirkung der Farben. 
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Werden spezifisch helle und leuchtende (intensive) Farben gewählt, wie Gelb, 
Orange, Eot und Zwischenfarben dieser Eeihe, so wird bei ihrer Sättigung nie die 
Empfindung des Dunkelwerdens aufkommen, und die Plastik der Sättigungsreihe 
wird eindeutig sein. Natürlich muß man sich hüten, bis zu vollsatter Schwere vor 
zugehen oder bei der Entsättigung einer Farbe bis zum schwärzlichen Grau vorzu 
dringen. Wird die Naturwirkung, die Luftperspektive, berücksichtigt, bilden Natur 
farbe und Intensität eine gute Eichtschnur oder, um mit Peuoker zu reden, ein 
Sicherungsmittel der Sättigungsplastik. 
378. Die spektral-adaptive Farben reihe. Die raumbildenden Eigenschaften 
der Spektralfarben. Die Plastik, die mit Berücksichtigung der Helligkeits- wie der 
Sättigungsreihe auf Karten erzeugt wird, nennt Peucker die adaptiv-perspek 
tivische Farbenplastik. Nach ihr lassen sich brauchbare Farbenreihen, die 
einen plastischen Effekt erzielen wollen, zusammenstellen. Kann man nur mit wenigen 
Farbplatten arbeiten, d. h. drucken, so wird man es bei der adaptiv-perspektivischen 
Farbenreihe bewenden lassen. Brauchen jedoch die Druckkosten für ein Kartenwerk 
nicht gescheut zu werden und soll die Maßanschaulichkeit des Geländes, 
worunter Peucker die Möglichkeit versteht, die Höhen mit einem Blick genau gegen 
einander abzuschätzen, augenfälliger werden, muß man noch eine dritte Farben 
reihe mit stetiger Abwandlung zu Hilfe nehmen, nämlich das Spektrum. 
Aus der Farbenlehre ist bekannt, daß das Spektrum die Gesamtheit der reinen 
Farben in ihrer natürlichen Beihenfolge gibt: Violett, Blau, Grün, Gelb, Orange und 
Eot und umgekehrt. Nur Purpur ist nicht in der Eeihe vertreten; es entsteht, wenn 
auch prismatisch nicht in voller Sättigung, aus der Mischung der beiden Endfarben 
des Spektrums, des Violetts und Karmins. Die natürliche Anordnung wird durch 
die ungleiche Größe der spezifischen Brechungswinkel einer jeden Spektralfarbe 
verursacht. Eine weitere Folge ist, daß sich die Farben auf der Netzhaut des nor 
malen Auges immer in bestimmter Beihenfolge nebeneinander ordnen, aber auch 
hintereinander in die Baumtiefen hinein. Von Violett nach Eot springen die 
Farben vor und in umgekehrter Folge sinken sie ein. Die tiefere Erklärung dieses 
Phänomens liegt im symmetrischen Bau und dem stereoskopischen Sehen unserer 
Augen. 1 
Neuere, in der Hauptsache von J. G. Bothaug bearbeitete Karten der karto 
graphischen Anstalt G. Freytag & Berndt in Wien, deren ausgezeichnete alpine 
Karten den Mitgliedern des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins wohl 
bekannt sind, nähern sich dem Bestreben bedenklich, das Terrain in Spektralfarben 
mit Zimmerbeleuchtung nach der einseitigen und nicht kartographischen Auffassung 
E. Brückners aufzubauen. Der blaue Kandhimmel mildert durchaus nicht den alten 
Fehler der unnatürlichen Buntheit, wie sie sich besonders kraß in der Karte des 
Herzogtums Salzburg bekundet. 1 2 Es schien, als ob der Geograph E. Brückner 
und der Mediziner A. Brückner die Bedeutung Peuckers um die Farbenplastik der 
Karten zu erschüttern versuchten, und zwar mit Hilfe der physiologischen Unter 
suchungen von Einthoven über Stereoskopie durch Farbendifferenz. 3 Wie 
1 K. Peucker: Höhenschichtenkarten, a. a. O., S. 72, 73. 
2 Die Karte Rothaugs i. Kartogr. Z. Wien 1913, T. 1. 
3 Einthoven: Stereoskopie durch Farbendifferenz. Gräfes Archiv f. Ophthahnologie. 1885. 
Abt. 3, S. 211 ff. — K. Peucker hatte sich bei seinen Farbentheorien auf E. Brücke („Die Physiologie
	        
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