Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die wissenschaftlichen Grundlagen der Geländedarstellung. 
nicht anders zu erwarten, war der Versuch mißlungen. 1 Die beiden Brückner 
haben offenbar Analyse und Synthese verwechselt. Die raumbildenden Eigenschaften 
der reinen Spektralfarben sind „weit entfernt, zur Synthese eines exakt farbenplastischen 
Kartenbildes auszureichen“; und in der physiologischen Analyse der raumbildenden 
Eigenschaften der Farben ist noch lange nicht das letzte Wort gesprochen. Die Aus 
führungen der beiden Brückner haben keine positiven Beiträge zum Aufbau des farben 
plastischen Kartenbildes geliefert; dessenungeachtet ist nicht zu verkennen, daß 
Peucker durch sie veranlaßt wurde, sein Problem schärfer zu formulieren und seine 
Theorie so abzurunden, daß sie Andersdenkenden und -wollenden weniger Angriffs 
punkte gewährt. Das schlichte Resultat der Brückner-Peuckerschen Kontroverse 
für die wissenschaftliche Kartographie ist, daß sich trotz Brückner die kartographische 
Farbenplastik an den Namen Peucker anknüpft. Ein weiteres Ergebnis ist die Tat 
sache, daß eine Höhenschichtenmalerei in reinen Spektralfarben noch keine farben 
plastische Karte ist. Die beiden Brückner legen das Schwergewicht auf das bin 
okulare Tiefensehen. Dazu möchte ich noch bemerken, daß es in jüngster Zeit mit 
Hilfe der Perspektive und Schattenverteilung gelungen ist, vollkommene Tiefen 
eindrücke zu bewirken, daß man auch bei monokularer Betrachtung von Bildern 
körperlich wie bei stereoskopischen Bildern zu sehen vermag. 2 
Gleich der reinen Helligkeitsreihe und Sättigungsreihe gibt das Spektrum für 
sich allein kein einwandfreies plastisches Bild. Auch steht die Spektralreihe mit 
den erstgenannten Reihen nicht in vollem Einklang. Eine strenge Befolgung der 
vollen spektralen Farben hat wohl auf kultur- und naturhistorischen Karten Sinn, 
wie später noch nachgewiesen wird, bei der Geländedarstellung jedoch wirkt sie un 
natürlich und ist außerdem nicht immer des normalen plastischen Effekts sicher. 
Für die Darstellung des Geländes verwendet Peucker Grün, Gelb, Orange und 
Rot. Aus der spektralen Reihe sind Blau und Violett ausgeschieden, weil Blau, wie 
wir oben sahen, als Naturfarbe anderweitige Verwendung findet und Violett keinen 
Farbstoff auffindet, der seinen Brechungsexponenten besitzt; denn das Violett, das 
durch Farbstoffe erzeugt wird und aus einer Mischung von Rot und Blau besteht, 
entsendet nur blaue oder rote Strahlen, nicht aber die langen Strahlen des Spektral 
violetts. Das Rot gehört der höchsten Stufe an. Von da ab werden die reinen Spektral- 
der Farben“) gestützt. Einthoven hatte einen Vorgänger in Hering; vgl. Ed. und A. Brückner: 
Zur Frage der Farbenplastik i. d. Kartographie. Mit. d. Geogr. Ges. Wien 1909, S. 187, Anm. 2. 
1 Die Brückner sehen Ergebnisse eines Vortrages, der am 8. März 1907 während einer Sitzung 
des Vereins der Geographen an der Universität Wien gehalten wurde, gipfelten gewissermaßen in der 
Forderung: Die kartographische Farbenplastik fortab nicht mehr mit dem Namen Peucker, sondern 
mit dem Namen der Hinweiser auf Einthoven und Hering, also Brückner zu verknüpfen! Ein Referat 
über diesen Vortrag wurde ins Geogr. Journal XXIX, 1907, S. 680, 681 unter dem Titel „Stereoscopic 
colouring of maps“ hereingebracht, worin E. Brückners Verdienste um die Farbenplastik auf stereo 
skopischer Grundlage ganz besonders gewürdigt werden. Eigenartig empfinde ich, daß in dem Referat 
mit den von Peucker geprägten Ausdrücken, wie „Schattenplastik“, „Farbenplastik“ usw. operiert 
wird, ohne Peucker selbst zu erwähnen und dessen Verdienste. Auch die Bezeichnung „Wiener Schule“ 
ist nichts Neues und tritt uns schon bei Peucker entgegen, aber noch früher bei Bancalari im Organ 
der militärwissenschaftl. Vereine, Wien 1894, weiter in den Mit. d. k. k. milit.-geogr. Instituts, z. B. 
XVI, 1896, S. 52. — Nicht unerwähnt sei, daß sich E. Brückner mit „Reliefkarten“ bereits 1893 i. 
J. B. der Geogr. Ges. zu Bern beschäftigt hat. 
2 So mit der sog. Verantlinse, deren Brennweite in einem besondern Verhältnis zu dem optischen 
System des Auges steht. Vgl. W. E. Pauli und R. Pauli: Physiologische Optik. Dargestellt für 
Naturwissenschaftler. Jena 1918, S. 86.
	        
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