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Die wissenschaftlichen Grundlagen der Geländedarstellung.
wärtig zu haben, beides um im Einklang mit der Erfahrung zu bleiben.“ 1 Was
die Natur durch Farben räumlich zum Ausdruck bringt, ist der natürliche Farben
raum. Wird dieser durch stoffliche Farben, die immer bestimmten Gesetzen folgen
werden, nachgedildet, sprechen wir von künstlichem Farbenraum. Ihn hat zum
ersten Mal K. Peucker gesetzmäßig ins Geländebild übertragen, mit ihm wird es
zuletzt auch jedes andere Gelände-Farbensystem zu tun haben, wenn es auf natür
liche Wirkung hinarbeiten will.
III. Die farbenplastischen Karten und ihre Zukunft.
371). Peuekers farbenplastische Karten. Nachdem Peucker seine Theorie ge
nügend fundiert hatte, ging er an ihre praktische Verwirklichung. Zunächst waren
es Karten in seinem Handelsschulatlas 1 2 , dessen zweite Auflage (1899) als der Anfang
der neuen Karten zu betrachten ist. Mit jeder Neuauflage sind die Karten verbessert
und der Theorie gerechter geworden.
Das erste gelungene spektraladaptiv-plastische Kartenbild hat Peucker 1910
in der Karte der Dolomiten östlich von Bozen in 1 : 200000 gegeben 3 . Damit hat
er endlich den Wufisch unserer großen Kartenkritiker, wie Hammer 4 , Haack 5 , erfüllt,
an Kartenbeispielen seine Theorie erhärtet zu sehen. Fünfzehn Farbentöne zeigt
das Kartenbild, das ein gutes Studienobjekt des Peuckerschen Systems ist, denn
das gleiche Blatt zeigt außer dem größten Teil einer fertigen Karte auch Teile der
Karte ohne Schrift, Teile ohne Schattierung und solche ohne Schichtlinien. Nur
ein Teil hätte noch vor Augen geführt werden sollen, nämlich ohne Schattierung
und ohne Schichtlinien, dann wäre sofort in die Augen gesprungen, daß die Farbe
lediglich über die Höhe als solche und nicht über die Natur der einzelnen Landschafts
teile und den Charakter der Gehänge orientiert, wohl aber mit Hilfe der Isohypsen
oder der Schummerung, an deren Stelle eine leichte Schraffur oder Punktur gleich
gut zu verwenden gewesen wäre. Um es einmal drastisch auszudrücken, bildet die
Schummerung den Kleiderstock, woran das farbige Kleid aufgehängt ist, das
sonst etwas in sich zusammengesunken erscheinen würde; denn die farbenplastische
Wirkung bleibt wohl bestehen, aber der sinnfällige Eindruck der einzelnen Gelände
formen, die Ziselierung der charakteristischen Linien kommt erst durch die Schummerung
oder ihren Ersatz als Schattenton 6 oder durch den Isohypsenzug voll zur Geltung.
Noch besser ist es, wie es Peucker selbst schon getan hat, Isohypsen mit einer Art
Schummerung anzuwenden. Auch theoretisch hatte er bereits empfohlen, die schatten
plastische Darstellung mit einer farbenplastischen der Höhen zu verbinden, weil
1 K. Peucker: Der Farbenraum, a. a. O., S.-A. S. 7.
2 Erschienen in dem Verlage von Artaria und Cie. in Wien.
3 Die Karte ist hergestellt in d. k. k. milit.-geogr. Inst, in Wien. Sie erscheint als Beilage zu
der Arbeit über „Höhenschichtenkarten“, a. a. O., ferner zur österreichischen Patentschrift Nr. 48671,
Kl. 42c. Wien 1911.
4 E. Hammer: In G. J. XXIV. 1901/02, S. 49; i. P. M. 1903, LB. 256, S. 77; i. P. M. 1905.
LB. 282, S. 97.
5 H. Haack i. G. A. 1901, S. 51; i. G. J. XXVI. 1903/04, S. 397.
6 H. Habenicht hebt bei Gelegenheit der Besprechung über O. Brunns Karte der deutsch,
u. Österreich. Alpenländer in 1:600000, P. M. 1905, LB., S. 28, hervor: „Eine wirkliche Plastik der
Formen können Höhenschichtenkarten ohne Schatten nicht geben, besonders nicht im Hochgebirge.“