638
Die wissenschaftlichen Grundlagen der Geländedarstellung.
382. Peuckers System und die künftige Umgestaltung der Handatlanten. Peuckers
System wird sicher von grobem Einfluß auf die künftige Umgestaltung der Hand
atlanten sein. In Schulatlanten, wie in der gesamten Schulkartographie, merkt
man bereits den erfrischenden Hauch Peuckerscher Gedanken, wobei es noch gar
nicht nötig ist, von einer auffälligen Annäherung an Peucker zu sprechen, wenn die
hohem Geländeteile mit einem zarten Eot überdeckt sind, wie bei H. Habenicht 1 ,
bei Debes, Kirchhoff und Kropatschek 1 2 , bei Haack 3 , bei Bothaug 4 , bei Bludau 5 , bei
meinem Neuen Methodischen Schulatlas. 6 Auch früher wurden die roten Töne für
die höchsten Erhebungen bereits gewählt, wie von J. M. Ziegler 7 , Fr. Simony, J. und
M. Tschamler. 8 Viel wichtiger erscheint mir die Geländedarstellung in den Hand
atlanten. Man soll doch nicht glauben, als ob mit den schönen Atlanten von Stieler,
Debes, Andree, Schräder usw. das Vollkommenste auf kartographischem Gebiet
erreicht worden sei. Sie bedeuten nur einen zeitweiligen Höchststand in der Ent
wicklung, in keiner Weise einen Abschluß. Der Handatlas der Zukunft zeigt sicher
ein ganz anderes Gesicht wie der heutige. Vielleicht kommt dann auch einmal der
Geograph auf seine Rechnung. Das physikalische Bild der Atlanten läßt, wenn
wir es auf Herz und Nieren prüfen, sehr zu wünschen übrig. 9 Das Geländebild er
hebt sich selten über das Niveau allgemeiner Geländeveranschaulichung. Beim
tiefen wissenschaftlichen Studium versagen die Geländebilder, wenn nicht einige
dürftige Höhenzahlen der Vorstellung zu Hilfe kämen. Damit soll den genannten
prächtigen Kartenwerken kein Vorwurf entstehen; sie können jetzt eben das noch
nicht leisten, was die geographische Wissenschaft fordert, weil der größte Teil unserer
Erdoberfläche hypsographisch noch unerschlossen ist. Auch läßt sich das Neue
nicht plötzlich an die Stelle des Alten setzen. Zunächst müssen Übergänge geschaffen
werden, ganz abgesehen davon, daß technische und pekuniäre Gründe auch ein Wort
mitzusprechen haben. Wird es dereinst möglich sein, Karten im Maßstab 1 : 1000 000
und kleiner hypsometrisch sicher zu erfassen, wird sich der Farbenplastik ein weites
Feld der Betätigung für Atlaskarten erschließen.
1 H. Habenicht: Atlas zur Heimatkunde des Deutschen Reiches. Gotha 1887. Hier wird
für die hohem Erhebungen ein rötliches Braun verwendet. Die höchsten Gebirgsteile selbst sind weiß
ausgespart. Wenn aber Habenicht in seinem Aufsatz „Das malerische Element in der Kartographie“
Z. f. Schulgeogr. 1903, S. 283—285, behauptet, daß er die Peuckersche Theorie mit wenig Worten
und durch die Tat lange vor Peucker aufgestellt habe, ist dies ein naiver Optimismus, den wir Habe
nicht in Anbetracht seiner sonstigen Leistungen und Verdienste zugute rechnen wollen.
2 Auf den Debesschen Schulatlanten wird für die höchsten Erhebungen gleichfalls ein rötliches
Braun genommen.
3 H. Haack bedeckt die höhern Gebirgsschichten mit roter Farbe; so auf seinen physikalischen
Schulwandkarten, wie auch auf den Karten seines Oberstufenatlas für höhere Lehranstalten. Gotha,
bei J. Perthes.
4 G. Rothaug auf Schulwandkarten und Schulkarten im Verlage von G. Freytag & Berndt
in Wien.
5 A. Bludau in der Neuauflage von Sohr-Bergbaus’ Handatlas. Glogau 1902ff.
6 M. Eckert: Neuer methodischer Schulatlas. Halle a. S. bei H. Schroedel. (Die neue Tönung
von Aufl. 63 ab.)
7 J. M. Ziegler: Hypsometrische Karte der Schweiz 1:380000. Winterthur 1866.
8 Üb. Fr. Simony u. J. u. M. Tschamler vgl. K. Peucker: Neue Beiträge zur Systematik
der Geotechnologie. Mit. d. Geogr. Ges. Wien 1904, S. 301, Anm.
8 Man lese nur E. v. Römers „Kritische Bemerkungen zur Frage der Terraindarstellung“
naeh. Mit. d. Geogr. Ges. Wien 1909, S. 507ff.