Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Kartographie als Wissenschaft. 
als bisher zuzumuten und fernerhin auf ihr systematische und begriffliche Unterschei 
dungen zum Ausdruck zu bringen. Schon das Altertum wußte die Farbe auf der Karte 
zu schätzen. 1 In ihren Zeichen und ihrem Farbenkolorit muß die Karte wohltuend 
auf das Auge und anschaulich auf den Geist wirken, also durch und durch ein harmo 
nisches Bild sein. Harmonie bedeutet Ordnung und Zweckmäßigkeit. Die Harmonie 
stellt die größten Anforderungen an den Kartographen, sie ist eine Klippe, wie 
H. Fischer sehr richtig hervorhebt * 1 2 , an der viele scheitern. 3 
Mit Vorstehendem dürften sich die guten Eigenschaften einer Karte im allgemeinen 
erschöpfen. Es verbleibt bloß noch eine Anzahl von Eigenschaften, die mehr den Wissen 
schaftler als den Laien interessieren, wenn man beispielsweise verlangt, daß die Karte 
meßbar, gleichwertig, ihre Projektion und damit sie selbst flächentreu, winkeltreu, 
längentreu, mittabstandtreu usw. sei. Letztere Eigenschaften bilden die Materie zu 
einem wichtigen Sonderuntersuchungsgebiet. Die Meßbarkeit und Gleichwertigkeit 
könnte man allenfalls unter die Eigenschaften mit einrechnen, die die Harmonie der 
Karte bedingen. Wenn man verlangt, daß die Karte meßbar sei, hat man damit eine 
Eigenschaft im Auge, die meist einem ganz bestimmten Zwecke dient. Das Messen 
auf der Karte, die Kartometrie (S. 11, 53), ist ein neuerer wichtiger Zweig der 
Kartenerkenntnis und der Kartendeduktion geworden. 4 Nach H. Wagner ist 
geradezu die Grundaufgabe der Geographie eine messende. 
Für ein harmonisches Bild, wie es die Karte sein will, ist es wichtig, daß alle Karten 
elemente, die die Karte aufbauen, gleichwertig sind. Die mathematisch begründete 
Aufnahme- und Konstruktionsmethode liefert das Gerippe und die Zeichenkunst das 
punkt Europas am Schlüsse des Jahres 1856. P. M. 1857, S. 1. — Herrliche Illustrationsbeispiele 
hierzu liefert Stielers Handatlas (H. Wagner in P. M. 1904, S. 8) und besonders auch J. Bartho- 
lomews’ Survey Atlas of England and Wales. 
1 Wir wissen dies von der sog. „nubischen Goldminenkarte“. — 1909 hörten wir, daß Prof. 
Spiegelberg aus Straßburg eine griechisch-ägyptische Landkarte aufgefunden habe. Sie stammt 
aus d. 3. Jahrh. v. Chr., stellt einen Bezirk aus dem Gau von Aphroditopolis dar und ist außer anderm 
auch durch die Anwendung von Farben interessant. 
2 H. Fischer: Die Beurteilung der Landkarte. In: Geograph. Ausstellung des Deutsch. 
Buchgewerbevereins. Leipzig 1921, S. 14. 
3 Merkwürdigerweise hat, wie auch Fischer hervorhebt, auf diese Klippe E. v. Sydow nicht 
aufmerksam gemacht, als er in seinen Drei Kartenklippen (G. J. I. 1866, S. 348—361) von den 
Schwierigkeiten der Verebnung der Sphäroidgestalt der Erde, der Darstellung von Hoch und Tief 
des Erdbodens und der Verkleinerung (Generalisation) der geographischen Objekte in der Karte sprach. 
4 Die Kartometrie zerfällt ihren Arbeitsrichtungen nach in drei Arten. Zunächst in die 
Linearmetrie. Diese hat es mit der Ausmessung von Linien zu tim. In beschränktem Maße, in 
sofern es sich um die Ausmessung von Entfernungen und Wegen handelt, kann sie bereits auf elemen 
taren Unterrichtsstufen gelehrt und angewendet werden. Weiterhin beschäftigt sich die Kartometrie 
mit der Ausmessung von Flächen; sie ist auf dieser Stufe Arealmetrie. Je nachdem die Flächen, 
die ausgemessen werden sollen, horizontal oder geneigt sind, unterscheiden wir die Horizontal 
oder gewöhnliche Arealmetrie und die klinotatische Arealmetrie oder kurz Orometrie. 
Letztere ist immer nur Flächenausmessung oder Flächenraummessung, nie aber Raummessung. So 
setzt fälschlicherweise H. Zondervan (Allg. Kartenkunde, Leipzig 1901, S. 162) Orometrie = 
Raummessung. Die Schwierigkeit kartometrischer Aufgaben steigert sich mit der Berücksichtigung 
weiterer geometrischer Größen. So sind denn auch die Aufgaben der Raummessung oder Inhalts 
messung oder Volumetrie am langwierigsten. — In der Kartometrie ist der Planimeter ein wichtiger 
Kontrolleur statistischer Arealangaben geworden. Besonders haben sich auf diese Weise die Areal- 
angaben südamerikanischer Staaten eine bedeutende Reduzierung gefallen lassen müssen. Vgl. 
A. Supan: Die Bevölkerung der Erde. XII. P. M. Ergh. 146, 1904, S. 61, 70; ferner die Angaben 
über schwankende Arealangaben südamerikan. Staaten im Gothaischen Hofkalender 1921.
	        
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