Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Die Seekartenprojektionen. 
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Die Abweichung wird im Verhältnis zum Äquator festgelegt. Bei einer Anzahl von 
Parallelen war dies nicht schwer. Beispielsweise herrscht für den 60. Grad das Ver 
hältnis wie 2:1, beim 48. Grad =8:2, beim 41. Grad = 4:8, beim 37. Grad = 
5 : 4. Außerdem werden die Länder angegeben, die von den wichtigem Parallelen 
geschnitten werden. Wenn, wie eben angegeben, das Verhältnis ein glattes ist, be 
reitet das Rechnen mit ihm keine Schwierigkeiten. Indessen muß bei den meisten 
Abweitungen mit kompliziertem Bruchteilen gearbeitet werden. Dezimalbrüche 
kannte man damals noch nicht. Man rechnete mit Stammbrüchen 1 / 2 , 1 / 3 , 4 / 4 , 1 / 5 usw. 
War z. B. ein Ort 40° n / 12 (40° 55') vom Äquator entfernt, hieß es von ihm „distantem 
gradibus quadraginta et semis ac tertia et duodecima“, d. h. 40° + 7. + V. + v». 
Ferner rechnete man mit Brüchen, die durch Subtraktion eines Stammbruchs vom 
Ganzen ( 2 / 3 , 3 / 4 , 4 / 5 usw.) oder durch Addition zum Ganzen ( 4 / 3 , 5 / 4 , 6 / 5 usw.) entstanden. 
Es wird dann „sesqui“ oder ,,super“ dem Zahlwort vorgestellt. So ist sesquiquartus 
= 1 : 1 -p */ 4 = 4 / 4 : 5 / 4 = 4 / 5 , und superquartus = 1 -(- 1 / 4 = 5 / 4 . Es ist nicht aus 
geschlossen, daß die Abweitungen am Ende des 15. Jahrhunderts schon von Grad 
zu Grad in Stammbrüchen bestimmt Vorlagen, in Tabellen, die bis jetzt noch nicht 
gefunden, sicher aber von Etzlaub, Mercator u. a. benutzt worden sind. Gaben 
sie das Verhältnis des Parallelgrades zum Äquatorgrad, war es nicht allzuschwer, 
dies Verhältnis auf andere Größen der Projektion, hier also auf die Entfernung der 
Parallelen zum Äquator, zu übertragen, wobei noch verschiedene kleine Regeln oder 
Erfahrungssätze beachtet wurden, um das Sekantenverhältnis zu bewahren. All 
diese Erwägungen, ob sie sich nun auf der richtigen Spur befinden oder nicht, machen 
es immer wahrscheinlicher, daß Mercator seine Projektion rechnerisch ebensowohl 
wie technisch dm chdacht hatte. 
Unter Umständen ist es nicht ausgeschlossen, daß schon vor Mercator eine Art 
Seekarte mit wachsenden Breiten gezeichnet worden ist. Einen Hinweis, allerdings 
nur einen sehr schwachen, erblicke ich in den Karten von Etzlaub. Wie die Tafel I 
selbst ergibt, ist beim europäischen Kontinent die Namengebung so gehandhabt, 
wie es auf den Landkarten üblich war, dagegen weicht sie beim afrikanischen Kon 
tinent ab und nähert sich da mehr der Ausführung der mittelmeerischen Rumben- 
karten. Diese sind bei der Bearbeitung auf jedem Falle mit herangezogen worden. 
Wieweit eine oder einige unter ihnen in der Projektion mit wachsenden Breiten ent 
worfen waren, entzieht sich bis jetzt noch jeglicher Aufhellung. Die Breitenskala 
wurde um die Wende des 15. zum 16. Jahrhundert auf Seekarten angebracht (S. 11). 1 
25. Der Einfluß der Mercatorprojektion auf ihre und die folgende Zeit. Mer- 
cators Weltkarte wurde schon zu ihrer Zeit als ein hervorragendes Kartenwerk ge 
würdigt. Den Vertrieb der Karte, für die Mercator ein deutsches Privileg auf 14 Jahre 
und ein belgisches auf 10 Jahre erworben hatte, übertrug er einer Buchhändler 
genossenschaft (Gebrüder Caimox und H. Gossel), die mit dem Geschäft recht zu 
frieden war. Nach Ablauf des belgischen Privilegs wurde sie sofort von Bernhardus 
Puteanus aus Brügge in Antwerpen nachgedruckt. Während des 16. Jahrhunderts 
erscheinen noch als selbständig entworfene Karten in Mercatorprojektion die Karte 
1 H. Wagner hat in „Die Entwicklung der Wissenschaft!. Nautik im Beginn des Zeitalters 
der Entdeckungen nach neuem Anschauungen“ (Ann. d. Hvdrogr. usw. 1918, S. 11 Off.) nachgewiesen, 
daß das 15. Jahrhundert keine graduierte Plattkarte kennt.
	        
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