Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Die Seekartenprojektionen. 
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diesen Gewässern, zwischen Schottland und der Insel Lewis und den übrigen zahl 
reichen Hebriden zu den gefährlichsten, die es geben kann. . . . Noch unglücklicher 
ist es, daß die holländischen Seekarten, deren wir uns damals allein bedienen konnten, 
hier durchaus unzuverlässig sind und jeden Augenblick irre führen.“ 1 
Wie wir heute selbst wissen, kann sich die Kartographie nicht in einigen Jahren 
umstellen, dazu gehört eine längere Übergangszeit, die unter Umständen Generationen 
umfassen kann. Es hatte die Mercatorprojektion ganz natürlicherweise damals 
einen sehr schweren Stand, sich Geltung zu verschaffen. Trotzdem ist sie durch 
gedrungen und im 17. Jahrhundert bereiten sich schon die Wege vor, auf denen sie 
im kommenden Jahrhundert zum Siege geführt werden sollte. Zunächst galt es, 
die Theorie der Mercatorprojektion zu finden und Tafeln aufzustellen, die ihre An 
wendung rasch und sicher gestatteten. Den Bemühungen von Thomas Blundevil 
(Blundeville) ist es zunächst zu danken, daß er für eine Tabelle der wachsenden Breiten 
sorgte (1594) 1 2 , die er seinem Freunde Edward Wright verdankte (s. S. 66). Bieser 
erkennt das Verdienst Mercators uneingeschränkt an, will aber nicht als Nachtreter 
Mercators gelten, da er das Verfahren zum Netzentwurf hat neu erfinden müssen, 
weil Mercator darüber nichts hinterlassen habe. Der scharfsichtige Wright hat ein un 
bestreitbares Verdienst. Darum sagt Breusing, daß Wright der Entdecker der Mer 
catorprojektion, während Mercator selbst deren Erfinder ist. Nach meinen Unter 
suchungen ist bekanntlich letzterer Satz nicht mehr so apodiktisch aufrecht zu 
erhalten. Sein Manuskript hatte Wright dem in England als Flüchtling lebenden 
niederländischen Kartographen Hondius geliehen, der zu Wrights Verdruß nichts 
Eiligeres zu tun hatte als danach Karten anzufertigen und sie mit großem Gewinn 
abzusetzen. In England waren die Verdienste Mercators immer wach geblieben, 
und man sprach nur von „Mercator’s projection“. 3 Die Bezeichnung „Wright’s 
Charte“ dürfte selten gewesen sein, auch in der deutschen nautischen Literatur. 4 
Wie dem auch sei, auf jeden Fall wird man, um es nochmals zu betonen, mit 
H. Wagner übereinstimmen können, der Wrights Karte die erste echte Seekarte 
in Mercatorprojektion nennt. 5 
W. Janson (Guil. Jansonius) gab 1606 eine Weltkarte in Mercatorprojektion 
heraus unter dem Titel: Nova totius terrarum orbis geographica et hydrographica 
tabula. Die Platte dieser Karte wurde seitdem häufiger zum Abdruck ohne nennens 
werte Verbesserungen benutzt, wie in W. und J. Blaeus großem Toonel des aerdrijcx 
ofte nieuwe atlas, Amsterdam 1635. 6 Sie erscheint auch seit 1621 unter dem Heraus 
gebernamen Petrus Kaerius, und zwar in dem deutschen Appendix zu G. Mercators 
und J. Hondius Atlas. 7 1685 erscheint eine Meeresströmungskarte von E. G. Hap- 
1 Joachim Nettelbecks Lebensgeschichte (1738—1824). München 1910, S. 61, 62. 
2 Vgl. A. Breusing, a. a. O., S. 38. — J. Bathe, a. a. O., S. 4. 
3 z. B. in J. Watts: The first principles of astronomy and geography. London 1736, S. 68. 
4 z. B. in Georg Simon Klügel: Encyclopädie, oder zusammenhängender Vortrag der gemein 
nützigsten, insbes. aus der Betrachtung der Natur u. des Menschen gesammelten Kenntnisse. 3. Teil. 
Die Astronomie m. d. mathemat. Geogr., Schiffahrtskunde, Chronologie y. Gnomonik; die physische 
Geogr., die prakt. Mechanik u. die bürgerliche Baukunst. 2. Aufl. Berlin u. Stettin 1793, S. 171. 
5 H Wagner i. P. M. 1915, S. 476. 
6 Die erste Ausgabe dieses berühmten Atlas ist also 1635 bereits erschienen [Un.-Bi. Amstcr 
dam] und nicht 1645, nach dem Tode von W. Blaeu (f 1638), wie Averdunk u. Müller-Reinhard, 
a. a. O., S. 75, annehmen. 
7 Vgl. Averdunk u. Müller-Reinhard, a. a. O., S. 75 u. 101.
	        
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