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Die See- und Meerkarte.
mit denen Mercators Globus vom Jahre 1541 bedeckt ist. 1 Der Globus selbst hält
im Durchmesser 41 cm, was einem Maßstab 1 : 82000000 entspricht. Wie die alten
Eumbenkarten ist das Kartenbild des Globus mit Kumbensystemen bedeckt, jedoch
mit dem Unterschied, daß sie nicht wie auf den Eumbenkarten gleichmäßig über die
Karte verteilt, sondern den einzelnen Meeresteilen angepaßt sind. Zudem sind die
Kumbenstrahlen nicht gestreckte, sondern gekrümmte Linien, eben richtige Loxo-
dromen. Auf dieses Eumbenbild scheint Matteo Fiorini zum ersten Male aufmerksam
gemacht zu haben. 1 2
Die große Frage ist, wie ist Mercator zu der Zeichnung der Loxodromen 'auf
seinen Globusstreifen gekommen? Nicht unwahrscheinlich ist es, daß er die An
regung dazu durch die Schrift Tratado da sphera, Lisboa 1587, von Pedro Nunes
(1502—1578) empfangen hat; beim Studium dieses Werkes dürfte ihm sein Lehrer
in der Mathematik, Gemma Frisius, behilflich gewesen sein. Nunes gibt seiner Schrift
eine Zeichnung der Loxodromen bei 3 , die aber, wie Wagner nachgewiesen hat, fehler
haft ist und bezüglich der richtigen Konstruktion den Mercatorischen beträchtlich
nachsteht. 1537 huldigte Nunes noch dem Irrtum, daß die Loxodromen am Pol
zusammenlaufen, später hat er sich von diesem Irrtum befreit; und überall war man
davon überzeugt: Loxodromia nulla se in terrae polos induit. Nunes hat weder zur
Berechnung von Eumbtafeln noch zur Zeichnung von Eumblinien auf Glohen eine
iknweisung gegeben. Mithin erscheint es nicht sicher, daß Mercator sich auf Nunes
gestützt hat; Wagner läßt dies in seinen Untersuchungen auch durchblicken, ohne
Nunes den Euhm, Loxodromen zuerst wissenschaftlich erkannt und gezeichnet zu
haben, zu kürzen. Das hat Joaquin Bensaude, der sich durch Faksimileausgaben
von mathematisch-nautischen Schriften Portugals aus dem 16. Jahrhundert Ver
dienste erworben hat, nicht richtig verstanden; oder wollte er es nicht verstehen? 4
Jedenfalls war Wagner gezwungen, in einer Beplik nochmals seinen Standpunkt klar
darzulegen 5 , daß er durchaus nicht die Bedeutung von Nunes für die Wissenschaft,
insbesondere für die portugiesische, verkenne. Übrigens war es der Italiener Matteo
Fiorini, der schon 1890 festgestellt hatte, daß eine direkte Abhängigkeit Mercators
1 Erdgloben Mercators sind erst Ende des 19. Jahrh. wieder entdeckt worden. Die Globus
streifen zu seinem Globus von 1541 wurden 1868 in Gent entdeckt und 1875 auf Kosten der belgischen
Regierung als Faksimiledruck herausgegeben: Sphère terrestre et sphère céleste de Gérard Mercator,
de Rupelmonde, éditées à Louvain en 1541 et 1551. Édition nouvelle de 1875 d’après l’original ap
partement à la Bibliothèque royale de Belgique. Bruxelles. Librairie C. Muquardt 1875. 11 Tafeln,
ln der Begleitschrift „Les sphères terrestre et céleste de Gérard Mercator, 1541 et 1551“ (St. Nicolas
1875) des Mercatorforschers J. van Raemdonck heißt es S. 42: „Les différentes mers y sont sil
lonnées par des rhumbs loxodromiques, destinés à diriger les navires d’un point à un autre“ —
H. Wagner hat in der unter Anm. 7 genannten Schrift drei Globusstreifen des Erdglobus Gerh. Mer
cators v. J. 1541 nach der Faksimileausgabe auf zwei Drittel der Originalgröße verkleinert wieder
gegeben. Annal, der Hydrogr. usw. 1915, Taf. 14.
2 M. Fiorini: Sfere terrestri e celesti di autore Italiano oppure fatte о conservate in Italia.
Roma 1899, S. 135. — Vgl. auch H. Wagner, a. a. O., S. 301.
3 Reproduziert bei H. Wagner, a. a. O., S. 346; desgl. auf S. 259 i. d. unter Anm. 4 genannten
Schrift.
4 J. Bensaude: Histoire de la science nautique portugaise. Genève 1917.
5 H. Wagner: Die loxodromische Kurve bei G. Mercator. Eine Abwehr gegenüber Senhor
Joaquin Bensaude (1917). Aus d. Nachr. v. d. K. Ges. d. Wiss. zu Göttingen, Philologisch-histor.
Kl. 1917, S. 254—267. — Auf S. 260 gibt Wagner verschiedene in Frage kommenden Werke Ben-
saudes an.