Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

Die Seekartenprojektionen. 
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die Mitte des vergangenen Jahrhunderts, denn der erste Dampfer (Great Western) 
für regelmäßigen transatlantischen Dampferverkehr begann erst 1838 seine Fahrten. 
Die Bearbeitung und Herausgabe gnomonischer Seekarten wurde von den Nord 
amerikanern energisch in die Hand genommen. Nachdem sie erst eine äquatorständige 
Projektion angenommen hatten, sodann eine polständige, kam man auf die gute Idee, 
eine zwischenständige oder sogenannte Horizontalprojektion zu wählen. Die Ver 
suche waren bald so weit gediehen, daß das Hydrographische Amt zu Washington 
in den Jahren 1888 und 1889 zum ersten Male seine fünf gnomonischen Karten der 
großen Weltmeere herausgeben konnte. Die erste Karte dieser Art von E. K. Knorr 
hatte es bereits 1869 herausgegeben. 1 — Wegen der großen nordsüdlichen Erstreckung 
des Atlantischen und Pazifischen Ozeans zerfallen beide Gebiete in eine Nord- und 
Südkarte. Die Berührungspunkte der Karten (points of tangency) mit der Kugel 
liegen entweder 30° n. oder S; Br., sodann beim Nordatlantischen Ozean 30° W, beim 
Südatlantischen 20° W, beim Nordpazifischen 180°, beim Südpazifischen 135° W 
und beim Indischen Ozean 95° 0. Durch die Herausgabe der Karten haben sich 
die Vereinigten Staaten ein großes Verdienst nicht bloß um die Seeschiffahrt, sondern 
auch um die gesamte wissenschaftliche Kartographie erworben. Die Karten sind 
eine anerkennenswerte Leistung unserer Zeit, und wie Weyer besonders betont, sind 
die dabei vorkommenden Messungen endlich auf eine dem Seegebrauch angemessene 
praktische Form gebracht worden, was bisher nicht der Fall war. Für den gesamten 
Atlantischen Ozean hat G. Schott einen kleinen Entwurf gebracht in 1 : 400 000 000. 1 2 
Innerhalb des Atlantischen Ozeans läßt sich sofort die ungefähre Lage irgend einer 
kürzesten Entfernungslinie bestimmen und auf andere Karten übertragen, z. B. auf 
die Mercator- oder Mollweides Projektion. Schott schreibt: „Vielleicht regt das Bild 
dazu an, einmal in größerm Maßstab eine solche für manche Ztvecke nützliche Karte 
zu entwerfen.“ Möchte dieser Wunsch recht bald in Erfüllung gehen! 
Für den Seemann hat eine neue Karte nur Wert, wenn sich darauf die für ihn 
notwendigen Bechnungen und Messungen schnell und sicher vornehmen lassen. Vor 
der Herausgabe der „Great sailing circle charts“ waren die Keclmungsmethoden 
für das Segeln im größten Kreise umständlich und weitläufig. Seitdem sind sie ver 
einfacht und damit praktischer geworden. In der Förderung der Bechnungsmethoden 
auf Grund gnomonischer Karten sind Europäer und Nordamerikaner gleich tätig 
gewesen; unter diesen seien E. B. Knorr, G. Herrle 3 , G. W. Littlehales 4 genannt, 
unter jenen A. H. Deichmann, Zescevich, Nees v. Esenbeck 5 , E. Gelcich 6 , H. Florian 7 , 
1 E. R. Knorr: Gnomonic chart of the North Atlantic Ocean, showing the direct course (on 
the gerat circle) between any two points as also the prevailing winds at each season and the currents. 
Washington, Hydrographie Office, 1869. — Vgl. P. M. 1875, L. B., S. 315. 
2 G. Schott: Geographie des Atlantischen Ozeans. Hamburg 1912, S. 47. 
3 G. Herrle: Gnomonic chart for use in great circle and windward sailing. With simple 
methods for measuring courses and distances. Washington 1881. 
4 G. W. Littlehales: The development of great circle sailing. 2. ed. Hydrograph. Office 
Nr. 90. Washington 1899. — Finding the course in great circle sailing. In den United States Naval 
Institute Proceedings. XXXX1I. 1916, S. 920ff. 
5 Über Zescevich und Nees v. Esenbeck vgl. Mitt. aus d. Geb. des Seewesens. Pola 1886, 
Nr. 9 u. 10; ferner Annal. d. Hydrogr. usw. 1886, S. 536ff. 
6 E. Gelcich: Sulla risoluzione dei problemi di navigazione ortodromica con speciale riguaido 
alle nuove edizioni delle carte gnomoniche. ln d. Rivista marittima 1895. 
7 H. Florian: Astron. Ortsbestimm, z. See ohne Rechnung u. Tafeln, ln d. Mitt. aus d. 
Geb. des Seewesens. Pola 1900, S. 341 ff.
	        
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