Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

92 
Die See- und Meerkarte. 
29. Die offiziellen Tiefenkarten, Fast zur selben Zeit, als sich die kartographische 
Privatindustrie regte, Meereskarten herzustellen, um das ozeanographische und geo 
graphische Bedürfnis zu befriedigen, begegnen uns die ersten Versuche, offizielle 
Übersichtskarten zu schaffen und die offiziellen Seekarten zu verbessern. Die älteste 
amtliche Übersichtskarte mit Tiefenstufen führt uns zum Nordatlantischen Ozean; sie 
wurde 1854 von M. F. Maury herausgegeben. Auf ihr wurden durch mehr oder minder 
dichte Punktur Stufen von Tausend zu Tausend Faden zum Ausdruck gebracht. 1 Aus den 
Myriaden von Tiefenzahlen, die trotz großer Auswahl immer noch das Seekartenbild 
bevölkern, bestimmte Höhenstufen ohne weiteres herauszusehen, dürfte keinem mensch 
lichen Auge beschieden sein. Und gerade die moderne Seekarte mit ihren schier 
zahllosen Höhen- bzw. Tiefenzahlen führt nach K. Keilhacks Ansicht ad absurdum, daß 
,,durch einige Hundert Höhenangaben eine gewisse Plastik des Gesamtbildes“ herbei 
geführt wird. 1 2 Hie und da läßt eine fein gerissene Linie wohl die 5 m-, 10 m-, 20 m- 
usw. -Tiefe erkennen, aber anschaulich wirkt die Abstufung nicht. Da muß schon 
die Farbe zu Rate gezogen werden. Das scheint man zuerst in österreichischen Marine 
kreisen nachhaltiger empfunden zu haben, wo in einer Abhandlung vom Jahre 1858 
Heinr. v. Littrow die wissenschaftliche und künstlerische Seite der Darstellung 
submariner Gegenden durch „Isobathen“ beleuchtet (S. 45). 3 Darin wird ebenfalls 
bemerkt, daß in Österreich zuerst der Feldzeugmeister v. Hauslab mit der Anfertigung 
derartiger Tiefenkurvenkarten vorzugehen begann. Zunächst wurden unter Littrows 
Leitung einige Hafenpläne angefertigt, so von der Bocche di Cattaro in der Bucht 
von Topla im Maßstab von 1 Zoll auf 1 Klafter, die die großen Vorteile der Tiefen 
darstellung mittelst isobather Schichten verschiedener Töne derselben Farbe klar 
vor Augen führte. „Isobathe Seekarten“ (,,Carte isobate“) wurden die neuen See 
karten genannt. Um das Fahrwasser und die Formation des Grundes dem Seemann 
klar zu machen, genügen nach Littrow drei Farbtöne: der erste lichte Ton von 0 bis 
15 Fuß (0—3 Faden), der zweite dunklere von 15—50 Fuß (3—10 Faden) und der 
dunkelste von 50—100 Fuß (10—20 Faden), während die übrigen fortlaufenden 
„regelmäßigen“ Tiefen von über 100 Fuß nur stellenweise durch Ziffern zu bezeichnen 
sind. Die Abstufung war unter dem Blickpunkt der Fahrtechnik geschaffen worden. 
Die erste Stufe (15 Fuß) war die Grenze für beinahe alle Fahrzeuge, die zweite (50 Fuß) 
der Ankergrund für alle Gattungen von Schiffen seinerzeit, vom größten Linienschiff 
bis zum kleinsten Schooner oder Küstenfahrzeug, die dritte Stufe (100 Fuß) als die 
äußerste Grenze eines verwendbaren Ankergrundes, da niemand, wenn nicht von 
den Umständen gezwungen, den Anker in tiefem Grund fallen läßt. Doch nicht sofort 
sah man das Gute der Littrowschen Manier ein, und er schrieb selbst: „Wie alles 
Neue, hat auch diese veränderte, vereinfachte Darstellung des Meeresgrundes sich 
ihre Anerkennung mühsam erkämpfen müssen. Man fand die frühere Darstellung 
einfacher, weil man daran gewöhnt war, und weil die meisten Menschen einen gewissen 
Abscheu fühlen, wenn es sich darum handelt, etwas Neues zu lernen. Die Fachmänner, 
1 Vgl. die Reproduktion der Mauryschen Karte bei G. Schott: Geogr. des Atl. Oz., Hamburg 
1912, S. 28. 
2 K. Keilhack bei Gelegenheit einer langem Besprechung der Geological map of Iceland 
von Th. Thoroddsen. P. M. 1902. L. B. Nr. 275, S. 84. 
2 Enr. de Littrow: Sülle carte idrografiche e sulla rappresentazione del fondo del mare 
mediante linee isobate od in plastica. Riv. marit. XII, S. 191 ff. — Über Seekarten neuerer Art u. 
über die Darstellung des Meeresgrundes.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.