Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

Die physischen Meerkarten. 
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bei denen der Gedanke am meisten hätte Anklang finden sollen, waren, wenige ehren 
volle Ausnahmen abgerechnet, im allgemeinen dagegen, aber das Mittel des großen 
Dramatikers Frankreichs, der alle Kinder seiner Muse immer vorerst seiner Köchin 
vorlas, ehe er sie der Welt übergab, wurde auch hier teilweise angewandt und die 
ungebildetsten Seefahrer und Barkenführer, denen ich derartige Pläne vorlegte, er 
klärten einstimmig, daß ihnen die Darstellung einleuchte und daß sie sich dieser neu 
artigen Karten lieber bedienen würden als der bisher gebräuchlichen.“ Nach Littrows 
Angaben wurden durch G. Stelczig recht gute Karten hergestellt, während ersterer 
selbst die Adria in Angriff nahm. Seine Hoffnung aber, daß bezüglich der Spezial 
karten und Hafenpläne die neue Seekarte in kurzer Zeit als die praktische, vernünftige 
und klare jede andere Gattung von Seekarten siegreich verdrängen werde, ist nicht 
erfüllt worden. Gewiß weiß man in Marinekreisen diese Art Darstellung sehr wohl 
zu schätzen, doch nachgeahmt hat man sie selten, offenbar mit veranlaßt durch den 
gesamten Prozeß der Seekartenherstellung. In ihnen haben wir fast durchgängig 
Kupferdruckkarten. Das Papier ist während des Druckes mannigfachen und nicht 
unbedeutenden Verzerrungen ausgesetzt 1 , und das genaue Einpassen von Farbe- 
platten in das große Seekartenformat begegnet ganz erheblichen Schwierigkeiten. 
Werden Seekarten kleinern Formats auf lithographischem Wege hergestellt, ist die 
Anwendung farbiger Tiefenstufen nicht schwierig, wie wir auf vereinzelten deutschen 
und andern Seekarten sehen, oder es werden von den Kupferplatten Umdruckplatten 
hergestellt, die die Grundlage für farbige Drucke auf besonderm Papier bieten. 1 2 
Leider muß man feststellen, daß es bei den Versuchen von Littrow im großen 
und ganzen geblieben ist. Will der Geograph für seine Zwecke die Seekarten aus 
giebig gebrauchen, dann muß er selbst die Blätter mit den nötigen Farbstufen ver 
sehen. Derartig manuell vervollkommnte Seekarten sind ein vorzügliches Studien- 
mittel. Die offizielle nautische Kartographie hat wohl kleine Anläufe zu Übersichts 
karten der Tiefen der Weltmeere gemacht 3 , indessen bleibt diese Art kartographischer 
Betätigung in der Hauptsache das Dominium der Privatkartographie. Bis auf weiteres 
nehme ich an, daß unter den amtlichen Landesaufnahmen Dänemark das. erste Land 
gewesen ist, das auf den offiziellen Landkarten die Darstellung des Bodenreliefs nicht 
mit der Küstenlinie abschneiden ließ, sondern den Meeresgrund nach den Original 
seevermessungen längs der Küste durch vier Horizontalkurven von 6 Fuß Gleich 
entfernung bezeichnete und größere Tiefen noch besonders im Fadenmaß eintrug. 4 
Die andern Staaten, die ans Meer grenzten und da zu vermessen hatten, folgten langsam 
nach. Unter den offiziellen Landkarten älterer Zeit ist noch einer besonders zu ge 
denken, weil sie Schichten des Landes mit solchen des Meeres vereinte. Das ist die 
Carte de la Belgique, bearbeitet im Institut cartographique militaire in 1 : 160000, 
Brüssel 1888. Sie war dazu bestimmt, die 1880 veröffentlichte Carte hypsometrique 
de la Belgique auf neuer Basis zu ersetzen. Bei ihrem Erscheinen wurde schon auf 
die gelungene blaugrüne Abtönung der Nordsee lobend hingewiesen. 5 
1 M. Eckert: Die Kartenwissenschaft. I, S. 201. 
2 z. B. die vom deutschen Reichs-Marineamt herausgegebene Karte von Helgoland in 1 : 7500 
Nr. 37 (Tit. III, Nr. 15a). 
3 z. B. die „Weltkarte zur Übersicht der Meerestiefen“. Hg. vom Reichs-Marineamt. Berlin 
1803. 
4 Topographisk Kaart over Kongeriget Danmark med Hertgd. Slesvig, udarbejded og udgivet 
af Generalstaben. 1:80000. 81 Bl. Kopenhagen 1852—1853. 
5 C. Vogel i. P. M. 1880. L. B. S. 27.
	        
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