Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

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Die See- und Meerkarte. 
ist. Wie allerhand Gesteine, Sande und Erden die Oberflächenformen über dem 
Meeresspiegel ausfüllen, so das Meerwasser die Oberflächenformen unter dem Meeres 
spiegel. Man kann sich die einzelnen Stufen aus verschieden großen, blauen Glas 
platten aufgebaut denken. Je mehr blaue Platten übereinander liegen, um so dunkler 
wird das Glas. Bei dem Wasser finden wir die gleiche Erscheinung, was zur weitern 
Folge hat, daß die Schelffläche mit der lichtesten Färbung anfangen muß. In ein 
fachster, weil natürlichster Weise wird hier ein Gesetz der Kartenlogik befolgt. 
31. Zur Geschichte der Meeresströmungskarte. Unter den vielen ozeano- 
graphischen Problemen, die eine kartographische Darstellung erheischen, ist das der 
Meeresströmungen zuerst in die Praxis umgesetzt worden. Über „die Kartographie 
der Meeresströmungen in ihren Beziehungen zur Entwicklung der Meereskunde“ liegt 
uns eine beachtenswerte Untersuchung von Martha Krug (-Gentlie) vor. 1 Außer ihr 
hat sich am eingehendsten mit der kartographischen Darstellung der Meeresströmungen 
Otto Krümmel in seinem bekannten Handbuch der Ozeanographie befaßt, die Be 
deutung erkennend, „für die richtige Beurteilung eines geographischen Naturphänomens 
zu untersuchen, wie sich sein kartographisches Bild entwickelt hat“. 1 2 Außerdem gibt 
es nach dieser Dichtung hin noch eine Anzahl wichtiger Veröffentlichungen, auf die 
ich im Laufe meiner Untersuchungen zu sprechen komme. 
Die kartographische Darstellung ozeanographischer Probleme ist verhältnis 
mäßig jungen Datums. Unter ihnen kann wiederum nur die der Meeresströmungen 
auf eine längere Entwicklung zurückblicken. Sie setzte jedoch erst dann ein, als man 
sich über die Umrisse der Kontinente einigermaßen klar war und daran denken konnte, 
die Meeresoberfläche mit ozeanographischen Zeichen anstatt mit dem bis dahin üblichen 
illustrativen Füllsel (Schiffe, Seeungeheuer) zu bedecken. Wir werden zurückgeführt 
bis ins 17. Jahrhundert, als 1678 in Amsterdam der Jesuit Athanasius Kircher 
sein berühmtes Werk „Mundus subterraneus“ veröffentlichte. In ihm finden 
wir eine Weltkarte sowie sechs Spezialkarten von Teilen des Atlantischen Ozeans. 3 
Sämtliche Karten beschäftigen sich mit den Meeresströmungen; sie sind, um mit 
0. Krümmel zu reden, überhaupt die ersten physikalischen Weltgemälde. 4 Es 
dürfte nicht leicht gewesen sein, die vielerlei, oft widersprechenden Bemerkungen 
und Aufzeichnungen von Seeleuten in die Karten hineingearbeitet zu haben; 
ein richtiges Bild ist nicht entstanden. .A. v. Humboldt glaubt, daß bei der 
Darstellung des Golfstroms Vorschläge von Humphrey Gilbert (1570) maßgebend 
gewesen sind. 5 
1 Martha Krug, a. a. 0., S. 96 —169. 
2 Otto Krümmel: Handbuch der Ozeanographie. II. Stuttgart 1911, S. 416, 417, 439—442. 
3 In Athanasii Kircheri „Mundus subterraneus“ (Amsterdam 1678) S. 134: Tabula geo- 
graphico-hydrographica motus oceani, currentes, abyssos, montes ignivomos in universo orbe indicans. 
S. 152: Descriptio vorticis Norvegiae et Bothniae eorumque mirabilium effectuum, quos in fluxu 
et refluxu operantur. S. 155: Mappa fluxus et refluxus rationes in isthmo Americano, in freto Magel 
lanico, caeterisque Americae litoribus exhibens. S. 160: Tabula fluxus et refluxus, rationes in Mari 
Anglico caeterisque, circumjacentibus litoribus exhibens. S. 163: Mappa maris Mediterranei. Fluxus 
currentes et naturam motionum explicans. S. 170: Poli arctici constitutio. Poli antarctici constitutio. 
4 O. Krümmel, a. a. 0., S. 416. 
6 A. v. Humboldt: Examen erit. II, S. 250; Relat. hist. I, S. 66—74. — Kosmos. I. Stutt 
gart u. Tübingen 1845, S. 327. — Vgl. auch Ansichten der Natur. 3. Aufl. I. Stuttgart u. Tübingen 
1849, S. 194.
	        
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