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Die See- und Meerkarte.
Traugott Bromme, Hermann Berghaus, M. F. Maury, Aug. Petermann, Alexander
Keith Johnston. Erst die neuern Karten von Petermann (nach 1870), von Herrn.
Berghaus (dem jüngern) werden neuzeitlichen Anforderungen gerechter. Auf den
altern Karten werden die Strömungen gleichwie bei Williams (s. oben) durch Strom
linien abgesetzt. Tr. Bromme hebt sie durch blaues Kolorit (Bandkolorit) merklich
hervor. Die Farbe ersetzte vielfach ganz die Strömung, zunächst flächenhaft an
gewandt, später in farbigen Linien. Insbesondere hat das Gothaer Institut für die
Entwicklung dieser farbigen Wiedergabe viel getan. In dem farbigen Bilde erwiesen
sich jedoch die Strompfeile als unentbehrlich, um die Dichtung des Fließens richtig
zu erkennen 1 , obwohl die Intensität der Farbengebung auch als ein Symbol für Mächtig
keit, Schnelligkeit und Beständigkeit der Bewegung gehandhabt werden kann. 1 2 Die
Ströme nur durch Bündel von Pfeilen darzustellen, wie es auf Evans großer Strömungs
karte im Atlas der Pilot Charts geschehen ist, gibt wohl ein lehrreiches, jedoch un
ruhiges Bild. Etwas ruhiger wirkt die Wiedergabe der Meeresströmungen in Pfeilen
auf der Karte von 0. Krümmel in Debes’ Handatlas. Hierbei sei auch der Karte
von H. Mohn gedacht. 2 In zierlich gestochenen Wellenlinien sehen wir die Meeres
strömungen in den Karten des Depot de la Marine, desgleichen die kurzen feinen
Wellenlinien mit Pfeilspitzen auf den Karten der britischen Admiralität. Die Wellen
linie aber direkt zum Interpret der Stromrichtung, -stärke und -geschwindigkeit zu
gebrauchen war erst, wie wir später noch sehen werden, Martha Krug Vorbehalten.
Die einfache Stromlinie, ob schwarz oder farbig, wird mit großer Vorliebe von den
Deutschen gepflegt, von A. v. Humboldt an bis auf 0. Krümmel und G. Schott.
Der wissenschaftliche Ausbau des Strömungsbildes geht teils auf englisch-
amerikanische, teils auf deutsche Bestrebungen zurück. Die Franzosen sind davon
so gut wie ausgeschlossen. Es mag mir beileibe nicht als Chauvinismus ausgelegt
werden, aber nach dem vorhandenen maßgebenden Kartemnaterial des In- und
Auslandes kann ich mein Urteil nicht anders als dahin abgeben, daß den deutschen
Arbeiten bei weitem der Vorzug zuzubilligen ist. Da ragen aus älterer Zeit die drei
Karten der drei großen Ozeane in Heinr. Berghaus’ Physikalischem Atlas, Gotha
1849, hervor, welche Karten sich auf Arbeiten von A. v. Humboldt, J. Bennell,
Lartigue, J. Horsburgh, Purdy, Romme usw., auf Berichte von Weltumsegelungen
und auf verschiedene Originalschiffsjournale gründen. Will man den Stand der ozeano-
graphischen Wissenschaft in den 70 er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erkennen,
muß man zu Herrn. Berghaus’ Chart of the world und dessen kleiner Mercatorkarte
zur Übersicht der Meeresströmungen in Stielers Handatlas, sowie zu Aug. Petermanns
Golfstromkarte in Petermanns Geographischen Mitteilungen 1870 3 greifen. Mit
diesen Karten vergleiche man die einschlägigen Arbeiten, die Adolf Mühry seit 1858
veröffentlichte. 4 In neuerer Zeit haben Heinrich Berghaus, M. Krug, Fr. Nansen,
G. Wegemann, \\ . Wissemann, Ad. Gadewohl, L. Mecking 5 , insbesondere 0. Krümmel
1 Vgl. die Karte Oberflächenströmungen des Meeres in A. Supans Phys. Erdkunde. 6. Aufl.
Leipzig 1916, T. XVI.
2 H. Mohn: Die -Strömungen des europäischen Nordmeers. P. M. 1885. Ergh. 79, T. 3.
2 Vgl. die beiden Karten Aug. Petermanns zu seiner Golfstromarbeit in P. M. 1870, T. XII
und XIII.
4 Darunter wohl am bedeutendsten: Üb. d. Lehre wn d. Meeresströmungen. Göttingen 1869.
5 L. Mecking hat bes. nordische Strömungen untersucht, wie den Labradorstrom, Strömungen
in der Davisstraße, in der Hudsonbai.