Die physischen Meerkarten.
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oder minder gelehrten Erörterungen, wie über die vom Windstau allein hervorgerufenen
Bewegungen, über die von den vorherrschenden Winden im offenen Meere geregelten
Trift- und Stauströmen u. a. m. Einzelne Erscheinungen haben auch eine besondere
Darstellung erfahren. 1
Einen rühmlichen Anfang zur Herstellung einer wirklichen Windkarte sehe
ich in den beiden Karten „Winde im Januar und Februar“ und „Winde im Juli und
August“, die dem deutschen Dampferhandbuch für den Atlantischen Ozean bei
geheftet sind. 1 2 Die vorherrschende Luftbewegung ist aus Luftdruckkarten im Verein
mit dem Buys-Ballotschen Gesetz in großen Zügen abgeleitet worden. Die durch
schnittliche Windstärke, nach der Beaufordskala 0—1*2, wird in vier verschieden
dicke Pfeile zusammengefaßt. Durch kurze Pfeile werden die veränderlichen Winde
ausgedrückt, die Beständigkeit der Winde hingegen durch die Länge der Pfeile. Wie
ausgezeichnet heben sich auf diese Weise die Passate hervor! Die Stillengebiete
sind durch Ringsignatur gekennzeichnet. So macht das Bild, das in Mercatorprojektion
entworfen ist, im großen und ganzen einen guten kartographischen Eindruck und
befriedigt auch den Geographen. Dasselbe Bild finden wir bei G. Schott 3 , der es
mit großem Verständnis in eine flächentreue Projektion übertragen und mit Linien
gleichen Luftdrucks (ohne Schwerekorrektion) verbunden hat. Damit ist angezeigt,
daß derartige Darstellungen nur im Vergleich oder im Verein mit Isobarenkarten
richtig zu verstehen sind.
37. Wärmekarten. Der innigste Zusammenhang besteht zwischen den Meeres
strömungen und der Temperatur des Meerwassers. Das thermische Element der
Meeresströmungen haben wir beleuchtet; indes bleibt eine Seite der Betrachtung
übrig, die auf die kartographische Wiedergabe der Wärme des Meerwassers an sich
hinzielt, ganz gleich, ob die Ursache der Erwärmung auf die Meeresströmungen
oder besondere klimatische Faktoren und sonstige thermische Bedingungen zurück
zuführen ist.
Die allgemeinen thermischen Ozeanbilder leiten ihren Ursprung von den gleichen
ältern Karten ab wie die Temperaturkarten der Meeresströmungen. Indessen waren
die ersten Karten dieser Art herzlich schlecht aufgebaut. Mit den seit 1852 ge
brauchten oder auch nicht gebrauchten Karten von M. F. Maury wußte man
tatsächlich weder in der Schiffahrt noch in der Wissenschaft etwas anzufangen.
Maury war wohl ein guter Organisator, aber ein schlechter Kartograph (S. 103).
Die Zahlen der Beobachtungen, die zahlreiche Schiffe über die Temperatur an der
Meeresoberfläche angestellt hatten, wurden für alle zwölf Monate nach Fahrenheit
eingetragen und nach vier Richtungen mit drei verschiedenen Farben übereinander
den Karten eingedruckt. Ein solches Gewirre von Zahlen ist entstanden, daß es an
mancher Stelle unmöglich ist, eine Übersicht der Ergebnisse zu gewinnen. 4 Und
1 So hat A. Schück in seinen „Beiträgen zur Meereskunde“, Hamburg 1905, den Taifunen
und ihren Bahnen eine Anzahl von Karten gewidmet.
2 Dampferhandbuch, a. a. 0., T. II u. III.
3 G. Schott, a. a. O., T. XXI u. XXII.
4 M. J. Maury: Wind and current charts of the North Atlantic. National Observatory,
5. Nov. 1850. Ausg. 1852. — Das Kartenwerk besteht aus 8 Bl. in 1: 5500000 bis 1: 2300000 (Merc.-
Proj.), reicht vom Äquator bis 65ha 0 N und vom 100° W bis 20° O v. Gr. — A. Petermann hat
(P. M. 1870, S. 205) festgestellt, daß auf diesen 8 Karten sich nicht weniger als 27 485 einzelne Zahlen
angaben über Meerestemperaturen befinden.
Eckert, Kartenwissenschaft. II.
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