Die physischen Meerkarten.
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ausgebildeter nördlicher liegt bei der arabischen Halbinsel. Dagegen finden wir im
Pazifischen Ozean wieder zwei große Kerne, wobei es sich zeigt, daß der nordatlantische
Ozean salzreicher als der nordpazifische ist. 1 Steigen wir in die Tiefe der Ozeane,
ändert sich das Bild der Salinität vollständig. Schon die Kerne haben tiefwärts ver
schiedene Ausdehnung. Reicht der nordatlantische bis 400 m Tiefe, so der süd
atlantische bis 100 m. 25—50 m unter der äquatorialen Fläche des salzarmen Wassers
ist salzreicheres unterlagert. Die kartographischen Bilder, die für verschiedene Tiefen
schichten entworfen würden, sind wesentlich lehrreicher und anschaulicher als die
Profile, mit denen man sich bis jetzt in der Hauptsache begnügt. Was ein Profil und
was eine Karte leistet, kann nicht besser ad oculos demonstriert werden als durch
den Vergleich des Profils der Verteilung des Salzes an der Meeresoberfläche nach
Fünfgradzonen in Krümmels Handbuch der Ozeanographie 1 2 mit irgendeiner Karte
des Salzgehalts. — Nicht ohne Einfluß auf den Salzgehalt der Ozeane ist unstreitig
die Süßwasserzufuhr. Dies Problem hat Alex. Woeikow zum Vorwurf einer Karte
gemacht. 3
Der Farbe des Meerwassers hat man seit den frühesten Zeiten Interesse
entgegengebracht. Das Rote Meer spielt in der Bibel eine große Rolle. Von purpur
farbenen Meereswogen künden uns die homerischen Gesänge. Die wissenschaftliche
Erklärung jedoch setzte viel — viel später ein. Alexander v. Humboldt beschäftigte
sich mit der Färbung des Meeres. Indessen gelang deren sichere Bestimmung erst
nach der Erfindung des Xanthometers oder der Forel-Skala. Mit Hilfe dieser Skala
werden durch das prozentuarische Verhältnis einer blauen und gelben Lösung alle
Abstufungen vom tiefsten Kobaltblau bis zum dunkelsten Grün genau unterschieden. 4
Blau ist die Naturfarbe des Meeres, aber in der schönsten Sättigung nur in tropischen
Meeren anzutreffen. Berühmt ist die blaue Pracht der Sargassosee und ihrer homo
logen Gebiete im südatlantischen, Indischen und Großen Ozean. In hohen antarktischen
Breiten hat man gleichfalls blaues Wasser beobachtet. In den andern Meeren, be
sonders in den seichten, herrscht ein Blaugrün bis Flaschengrün vor, wie in der Nord-
und Ostsee. Daneben hat man noch andere Farben beobachtet, die, abgesehen von
Reflexen des Himmels, in Milchweiß, ins Gelbliche, Schiefergraue, Olivenbraune,
Blutigrote usw. hineinspielen. Diese außergewöhnlichen Farbennuancen, von dem
Seemann „Miß-“ oder „Verfärbung“ genannt, treten vereinzelt und örtlich beschränkt
auf. Zumeist hängen sie mit dem massenhaften Auftreten von Plankton zusammen.
Auch die grünen Farben weisen auf den Planktongehalt hin, während die blauen fast
frei von Plankton sind, weshalb Franz Schütt das reine Blau die „Wüstenfarbe der
Hochsee“ genannt hat. 5 Der Farbengebung im Kartenbilde gerecht zu werden,
1 Neben der Karte von G. Schott in P. M. 1902 vgl. O. Krümmel: Russische Arbeiten zur
Ozeanographie des Nordpaz. Oz. P. M. 1893, wo auf S. 86 ein Kärtchen des Salzgehalts im Nordpaz.
Oz. gezeichnet ist, das auf d. ozeanogr. Untersuchungen von S. O. Makaroff basiert.
2 O. Krümmel: Handbuch, a. a. O., I, S. 334.
3 A. Woeikow: Der Salzgehalt an der Oberfläche der Meere im Verhältnis zur Süßwasser
zufuhr der Stromgebiete u. zur Höhe der Randgebirge. 1 : 80000000. P. M. 1912, I, 1.2.
4 Für die Bestimmung der Farbe der Landseen hat W. Ule noch eine dritte, braune Lösung
vorgesehen. P. M. 1892, S. 70, u. 1894, S. 214. - Vgl. im übrigen O. Krümmel: Geophysikal.
Beobachtungen der Planktonexpedition. Bd. I. Abt. C. Ergebnisse der Planktonexped. Kiel u.
Leipzig 1893. K. 2.
5 O. Krümmel: Reisebeschreibung der Planktonexpedition. Kiel 1892, S. 314. F r. Schütt:
Analytische Planktonstudien. Kiel u. Leipzig 1892.