Graphische u. geographische Methode der Statistik und ihr kartographischer Niederschlag. 143
Beurteilung und den genauen Vergleich benachbarter Bezirke erschweren. Ein Geo
graph wüßte allerdings durch planimetrische und andere Ausmessungen derartigen
Mängeln zu begegnen. Engelbrecht erwog des weitern, daß die Flächen der Waldungen,
des Ödlandes, der Wege und der Gewässer zur Acker- und Viehwirtschaft in aller-
losester Beziehung stehen und deshalb eine Vergleichsbasis für ihn nur in der wirklich
landwirtschaftlich benutzten Fläche gegeben ist. Daran hat er festgehalten
von seinen ältesten Publikationen an bis zu seinen jüngsten. 1 Aber auch dieser
Vergleichsbasis haftet ein Mangel an, insofern in den Heidegegenden die Unterscheidung
von Hutungen und eigentlichem Ödland unsicher ist. Indessen dürfte dieser Mangel
die Vergleichbarkeit der Relativzahlen bei weitem nicht so gefährden wie das Ein
rechnen größerer Wasserflächen in die gesamte Oberfläche. In der landwirtschaftlich
benutzten Fläche hat sich Engelbrecht auch eine geographische Vergleichsbasis ge
schaffen, denn nur dann lassen sich seiner Meinung nach wertvolle Aufschlüsse für
Wirtschaft und Praxis erwarten, „wenn das Verhältnis zwischen denjenigen Boden
nutzungen untersucht wird, welche untereinander im engsten wirtschaftlichen Zu
sammenhang stehen und sich gegenseitig ergänzen“ 1 2 . Zur landwirtschaftlich be
nutzten Fläche werden Getreide, Wiesen, Weiden und Hutungen in Beziehung gesetzt,
aber auch die Zahl der Obstbäume und die Bienenstöcke, sowie die Zahl der Pferde,
Rinder, Schafe, Schweine und Hühner.
Einer andern Vergleichsbasis, die gleichfalls geographischer Natur ist, bedient
sich Engelbrecht bei den einzelnen Feldfrüchten. Er wählt hier die scharf umgrenzte
Getreidefläche. Für die europäischen Länder hat er die Fläche der Halmfrüchte
bereits in seinem Werke „Die Landbauzonen der außertropischen Länder“ 3 angewandt
und daselbst auch begründet. Ein Vorteil derartiger Behandlung ist, daß die Anbau
verhältnisse der deutschen Nordmark unmittelbar mit denen der nordeuropäischen
Länder verglichen werden können. Für Schleswig-Holstein war die Vergleichsbasis
der Getreidefläche um so mehr geboten, als in den Marschen die Abgrenzung zwischen
Ackerland und Weiden schwierig ist, und auch im westlichen Schleswig Acker- und
Dauerweide mannigfaltig ineinander übergehen.
In die rein statistische Methode verfällt Engelbrecht bei den Vergleichen
der einzelnen Zweige der Viehhaltung. Hier hat er eine Vergleichsbasis in einer be
stimmten Anzahl (100) von Rindern geschaffen. Auf dieser Basis sind die Karten
aufgebaut, die die Kühe, Pferde, Schafe, Schweine und Ziegen im Verhältnis zur
Gesamtzahl der Rinder darstellen. Für den Landwirt haben derartige Karten Be
deutung. Der Wirtschaftsgeograph, auch der Volkswirtschaftler, weiß wenig damit
anzufangen, wenn schließlich auch die Lokalisation verschiedener Tierdichten heraus
gelesen werden kann. Karten in der letztbetonten Manier finden in der Geographie
mit Recht nur beschränkte Anwendung, und zwar nur da, wo es sich um den Vergleich
von Menschengruppen handelt, wenn z. B. auf einer Karte von Deutschland das Ver
hältnis der landwirtschaftlichen Bevölkerung oder der Berg- und Hüttenleute usv.
zur Gesamtbevölkerung veranschaulicht werden soll.
1 Zu Engelbrechts jüngsten Publikationen gehört: Landwirtschaftlicher Atlas des Rus
sischen Reichs in Europa u. Asien. 30 Karten. Berlin 191(5.
2 Th. H. Engelbrecht: Kartographische Darstellung der Anbauverhältnisse des Deutschen
Reichs nach kleinern Bezirken. Archiv des Deutschen Landwirtschaftsrats, XXXIV, Berlin 1910.
3 Th. H. Engelbrecht: Die Landbauzonen der außertropischen Länder. Zwei Teile mit
Atlas von 79 Karten. Berlin 1899.