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Die angewandte Karte und ihre wissenschaftliche Methode.
sie über eine kleinere oder größere Fläche gleichmäßig, d. h. unwirklich, verteilt zu
denken“ 1 .
1>3. Die Siedlungs- oder Wohnplatzkarte. Siedlungsformen. Ganz allgemein
ausgedrückt will die Bevölkerungskarte die Bevölkerung und sie betreffende
Elemente kartographisch darstellen. Sie geht rein geographisch vor, wenn sie
fragt: Wo wohnt die Bevölkerung ? Mit der Beantwortung der Frage, die im Grunde
nur eine Besiedlungsfrage ist, gibt der Kartograph die Orte des Wohnens wieder.
Auf diese Weise veranschaulicht die Bevölkerungskarte die räumliche Verteilung
der Bevölkerung, und zwar auf der Basis bestimmt ermittelter Bevölkerungsteile,
die dort verzeichnet werden, wohin sie wirklich gehören. Hier meldet sich die Karte,
die Hettner „Wohndichtekarte“ nennt, Schlüter besser „Wohnplatzkarte“. Ich
sage dafür kurzweg „Siedlungskarte“. Sie zeigt nicht bloß die Siedlungen an sich,
sondern faßt sie auch nach besondern Gruppen zusammen, größtenteils nach Ort
schaften von bestimmter Größe. Dadurch, daß die Bevölkerung an der ihr zugehörigen
Stelle zum Ausdruck gebracht wird, befolgen derartige Karten eine durchaus geo
graphische Methode. Die weitere Folge der geographisch methodischen Behandlung
ist, daß viele Autoren diese Karten „absolute“ Siedlungskarten nennen, obwohl sich
vielfach ein relatives Moment, wenn auch abgeschwächt, einschleicht, wie es sich
beispielsweise in den Signaturen für gewisse Ortsgrößen wiederspiegelt; man ver
gleiche nur bei R. Bus chick die bestimmten Zeichen für Orte mit 20—200, 200—500,
500—1000, 1000—2000 Einwohnern 1 2 3 usw. oder bei A. Hackel die detailliertem Orts
zeichen für Ortschaften mit 1—9, 10—19, 20—29, 30—39 usw. Einwohnern. 2 Nur
bei der Karte der Kreishauptmannschaft Zwickau hat Buschick neben den Einzel
siedlungen die Orte ihrem Grundriß gemäß dargestellt. Das ist alsdann eine rein
absolute Karte nach geographischer Methode. Da der Grundriß der Siedlungen auf
den topographischen Karten großen Maßstabs am vollständigsten wiedergegeben ist,
wären diese Karten eigentlich die besten Siedlungskarten. Sie geben bei all ihrer
Größe und Vorzüglichkeit allenfalls eine Übersicht der Verteilung der Wohnplätze,
jedoch einen befriedigenden Einblick in die Volksdichte, den nur eine Karte ver-
vermitteln kann, die nach andern Methoden, insonderheit nach dem Gesetz der großen
Zahl aufgebaut ist, gewähren sie nicht.
Die Siedlungskarten, wie sie Buschick u. a. entworfen haben, sind keine
Volksdichtekarten, höchstens läßt sich aus ihnen die Bevölkerungsdichte eines Landes
erraten. Infolge des Durchschimmerns der Volksdichte durch die detaillierte Siedlungs
karte haben sich verschiedene Geographen dazu verleiten lassen, die Siedlungskarte
direkt als Volksdichtekarte anzusprechen, so namentlich Fr. Ratzel und verschiedne
seiner Schüler, wie R. Buschick und Manojlo Smiljaniö; schreibt doch Buschick
direkt unter seinen kartographischen Versuchen: „Karten der Bevölkerungsdichtigkeit,
nach geographischer Methode“. Sie werden von der Überzeugung geleitet, daß die
1 Fr. Ratzel: Anthropogeographie. II. Stuttgart 1891, S. 190.
2 R. Buschick: Karte zur Bevölkerungsdichtigkeit des Königreichs Sachsen. In der Diss.
„Die Abhängigkeit der verschiedenen Bevölkerungsdichtigkeiten des Königreichs Sachsen von den
geographischen Bedingungen“. Leipzig 1893. Mit drei Tafeln.
3 A. Hackel: Die Besiedelungsverhältnisse des oberösterreichischen Mühlviertels in ihrer
Abhängigkeit von natürlichen und geschichtlichen Bedingungen. Mit zwei Beilagen. Forsch, z. d.
L. u. V. XIV. Stuttgart 1902.