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Die angewandte Karte und ihre wissenschaftliche Methode.
1857 ein Siedlungskärtchen 1 , worauf er mit schwarzen Punkten die Ortschaften und
Wohnorte des Landes, und zwar sämtliche, wie er selbst sagt, bezeichnete. Das
Größenverhältnis der Punkte soll so nahe als möglich die Einwohnerzahl der Ort
schaften ausdrücken. Ein Jahr früher brachte er in den nach ihm benannten Geo
graphischen Mitteilungen eine Kartenskizze von Spanien 1 2 , worauf alle Städte der
Halbinsel von über 5000 Einwohnern durch schwarze Punkte angegeben worden
sind, deren Arealgröße, wie es auf der Kartenerklärung heißt, so nahe wie möglich
mit der Einwohnerzahl korrespondiert. Diese Art graphischer Darstellung der Städte
bevölkerung eines Landes hat er bereits im Jahre 1851 in den ,,Maps illustrative of
the physical, politicai, and historical geography of the British Empire, pubi, by the
National Society, London“ angewendet. 3 Die Siedlungskarten nach Petermannscher
Manier haben heute noch ihren unbestreitbaren Wert, nur Volksdichtekarten sind
sie nicht; wohl aber gehören sie unter den umfassendem Begriff ,,Bevölkerungskarte“.
H. Wagner wendet ganz richtig ein: ,,Da die Bevölkerung zahlreicher Kleinsiedlungen
möglicherweise dieselbe mittlere Volksdichte ergeben als die weniger geschlossenen
Dörfer, gewähren die Siedlungskarten keine unmittelbare Anschauung der Volksdichte.“ 4
Die reinen, die „absoluten“ Siedlungskarten haben nichts mit dem Gesetz der
großen Zahl zu tun, das aber sofort wieder in Aktion tritt, wenn die Grade der Siedlungs
dichte 5 , d. h. die mittlere nächste Entfernung der Wohnplätze, berechnet werden,
ganz gleich, ob ich bei der Berechnung Quadrate oder Sechsecke für die Maschen
zugrunde lege. Auf dem Kartenbilde werden sodann durch verschiedene Farbtöne
die Gebiete mit einer mittlern. Ortsentfernung von 1, 2, 8 und mehr Kilometern unter
schiedlich gemacht. Die Darstellung erhebt sich indes kaum über das Niveau eines
Kartendiagramms. Etwas anderes ist es, wenn ich die verschiedenen Ortsgrößen
in Gruppen bringe, und auf Karten entweder nach administrativer Einteilung oder
nach Zonen die Gebiete unterscheide, wo sich mehr ländliche und wo sich mehr
städtische Siedlungen oder wo sich in der Hauptsache nur Einzelsiedlungen, Klein
siedlungen und Großsiedlungen, letztere beiden in verschiedenen Graden (Stufen),
befinden. Auch diese Kartenart würde durchweg relativer Natur sein und verschieden-
gradig dem Gesetz der großen Zahl nachkommen. Auf einer kleinmaßstabigen Karte
beschäftigt sich E. Lincke, von 0. Krümmel veranlaßt, mit der regionalen Ver
teilung der Siedlungen im Deutschen Beiche. 6 Es werden diejenigen Wohnplätze
untersucht, „die nach dem geographischen Merkmal ihres innern Zusammenhangs
oder ihrer äußern Abgeschlossenheit als eine topographische Einheit bestimmt sind
und die ihre Selbständigkeit dadurch offenbaren, daß sie eigene geographische Namen
führen“. Als der Lage nach getrennt gelten Wohnplätze dann, wenn sie von ihren
Nachbarsiedlungen in Luftlinie wenigstens 0,2 km entfernt sind. Auf der Karte
selbst werden weniger als 15 bis über 87 Siedlungen auf je 100 qkm in sieben Dichte
stufen zusammengefaßt.
1 Aug. Petermann in P. M. 1857, T. 25. Die Karte selbst hat B. Hassenstein gezeichnet.
2 Aug. Peter mann in P. M. 1856, S. 393.
3 Vgl. auch die Karte von Nord-Amerika in P. M. 1855, T. 14 u. S. 141, ferner die kleine Neben
karte mit dem Dichtebild von Europa auf der Karte von Europa (1: 6000000) von F. v. Stülpnagel
u. J. C. Bär; 3. Aufl., Gotha 1855. Die Nebenkarte führt auf A. Petermann zurück.
4 H. Wagner: Lehrbuch der Geographie. 10. Aufl. Hannover u. Leipzig 1923, S. 879, 880.
5 H. Wagner, a. a. O., S. 876.
6 E. Lincke: Die regionale Verteilung der Siedlungen im Deutschen Reiche. Karte in
1:2460000. Diss. Kiel 1915.