Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Allgemeine methodische Grundlagen der Bevölkerungskarte. 
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Die Darstellung der Verbreitung von einzelnen Siedlungsarten bzw. 
Siedlungsformen ist eine rein geographische Arbeit, wobei jegliche Berechnung 
von Mittel- und Gruppenwerten ausgeschlossen ist. Nach dem Vorgänge A. Meitzens 
hat 0. Schlüter hierfür ein Beispiel gegeben, und zwar in der Karte der Verbreitung 
der ländlichen Siedlungsformen Europas nördlich der Alpen. 1 Außer Schlüter hat 
sich insonderheit R. Gradmann um die Erforschung und kartographische Dar 
stellung der Siedlungsformen große Verdienste erworben. Auf Grundlage der württem- 
bergischen Katasterkarte 1:2500 hat er unternommen 1 2 , aus dem Landschafts bilde 
typische Siedlungsformen, vorzugsweise Einödhöfe, Waldhufendörfer, Gewanndörfer 
und Weileranlagen herauszuschälen. Um zur sichern Beurteilung dieser Siedlungs 
formen zu gelangen, geht er geschichtlich weit zurück und versucht, von seinem 
Untersuchungsgebiet auch Karten der vorrömischen, römischen und alemannischen 
Besiedlung zu konstruieren. M. Mayr beschäftigte sich mit der Entstehung der 
Reihen- und Straßendörfer. 3 Daneben unterscheidet er noch Platz- und Haufen 
dörfer, nicht ganz in dem Sinne, in dem sie sonst gebraucht werden. 
Einen weitern neuen Einschlag in die Siedlungskarte bringt R. Gradmann, 
indem er auf seiner Karte 4 außer einer wohlüberlegten Gruppierung der Siedlungen 
eine geographische Gliederung nach Typen der Flureinteilung und vor allem den 
wirtschaftlichen Charakter der Gemeinden veranschaulicht. So geographisch Grad 
mann bis dahin verfahren ist, hier verfällt er in eine primäre statistische Methode, 
indem er sich der farbigen Unterstreichung der Orte bedient. Grüne Striche, Strichel 
chen und Punkte bedeuten die verschieden großen bäuerlichen Gemeinden, rote die 
verschieden großen gewerblichen Gemeinden und gelbe Striche die Weinbaugemeinden. 
Schade, daß Gradmann nicht versucht hat, das Problem auf andere Weise zu lösen. 
Wenn der Strich, der unterstreicht, um das Ortszeichen als Kreis herumgeschwungen 
worden wäre, hätte man schon etwas gewonnen. Das farbige Ortszeichen an sich 
würde noch mehr geleistet haben. Für die Städte wären alsdann Vierecke anstatt 
Kreise zu wählen. Damit sollen nur einige Richtlinien angegeben werden, die eventuell 
einmal zu befolgen sind. Vorzüglich ist Gradmanns Einteilung der Siedlungen in 
Zwergsiedlung 1—20 Einwohner, Kleinsiedlung 21—100 und 101—200 Einwohner. 
Mittelsiedlung 501—2000 Einwohner, Großsiedlung 2001 und mehr Einwohner, und 
weiterhin in Zwergstädte, unter 2000 Einwohnern, und Land-, Klein-, Mittel- und 
Großstädte. Sie verdient auf andere Gebiete Deutschlands angewendet zu werden. 
Wir können ihm ferner voll und ganz beipflichten, wenn er betont, das gerade der 
Siedlungsgeograph zu einem guten Stück historischer Geograph sein muß. 
Von ebenso großem Interesse ist, außer den Einzelsiedlungen, wie sie in den 
Siedlungstypen aufgestellt werden, den städtischen Siedlungen allein nachzugehen 
und sie kartographisch darzustellen. Unter andern hat sich K. Ol bricht mit diesen 
Studien eingehender befaßt. Zunächst hat er cjie Städte des rheinisch-westfälischen 
Industriebezirks nach dem gegenwärtigen Stande der Eingemeindungen untersucht, 
1 O. Schlüter in G. Z. VI, 1900, T. ö. 
2 R. Gradmann i. P. M. 1910, I, T. 40. 
3 Max Mayr: Die Siedlungen des bayrisch. Anteils am Böhmer Wald. Forsch, z. d. L.- u. A . 
XIX, 2 K. 1:200000. Stuttgart 1911. 
4 R. Gradmann: Siedlungskarte des Königreichs Württemberg auf Grund der vom K. würt-t. 
Statist. Landesamt hg. Siedlungskarte von Württemberg u. Hohenzollern. 1 : 3.10000. Forsch, z. 
d. L. u. V. XXI, 1914, Heft 2.
	        
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