Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die angewandte Karte und ihre wissenschaftliche Methode. 
68. Der Mittelwert der Volksdiehtekarten im besonder». Der Mittelwert ist 
stets relativ, wenn nicht gar fiktiv; er gibt, worauf immer wieder der Nachdruck zu 
legen ist, kein einwandfreies Bild der Wirklichkeit, oder wie E. Hasse sagt: ,,Jede 
Durchschnittsberechnung verwischt das prägnante Bild der Tatsachen.“ 1 Es birgt 
eben jede Relativität Fehlerquellen in sich, die auszumerzen, besonders bei den Volks 
dichtekarten, als eine unüberwindliche Schwierigkeit erscheint. Etwas besser ist 
es schon geworden, und R. Sieger kann infolgedessen davon reden, daß man von 
dem übertriebenen Kult der Relativzahlen wieder abgekommen ist, 1 2 Absolute Werte 
sind hier ausgeschlossen, selbst wenn allein an die Darstellung der Dichte einzelner 
Berufe, wie der Bergarbeiter, der in der Textilindustrie Beschäftigten usw. gedacht 
wird. Absolut ist bei der Volksdichtekarte nur der Flächeninhalt der Karte (s. § 47). 
Die relative Bevölkerung selbst kann in drei verschiedenen Weisen versinnbildlicht 
werden, zunächst durch die Methode der Flächenausstattung, wobei die Zahl der 
Flächeneinheiten, die auf den Kopf der Bevölkerung entfallen, den Ausschlag bildet 
(erste Methode), sodann durch die Methode des mittlern Abstandsverhältnisses, 
das sich zwischen zwei Menschen ergibt, wenn die Bevölkerung gleichmäßig über 
ein bestimmtes Flächenstück verteilt gedacht wird (zweite Methode), und drittens 
durch die Methode, die den Volksdichtekarten allgemeinhin zugrunde liegt und in 
der Beziehung der Menschenanzahl zur Flächeneinheit besteht (dritte Methode). 
Wenn wir von Dichte allgemein reden, verstehen wir immer das Verhältnis 
der Anzahl irgendwelcher Lebewesen auf ein gewähltes Flächenstück. 
Dies Verhältnis ist in statistischen Kreisen gleichfalls nach seinem reziproken Wert 
als Dichtebegriff ventiliert worden; es ist die oben genannte erste Methode, nach 
der die Fläche zu einer Person oder einer bestimmten Anzahl von Personen in Be 
ziehung gesetzt wird. Fr. v. Juraschek hat dafür den Ausdruck ,,Flächen 
ausstattung“ (arealty) eingeführt. 3 Wenn auf 100 Personen 1000 Hektare entfallen, 
kommen auf 1 Person 10 ha, bei 1000 Menschen auf 1 Person 1 ha, bei 10000 Menschen 
auf 1 Person 0.1 ha. Je dichter die Menschen wohnen, um so kleiner wird ihr Anteil 
an der Fläche, und um so kleiner wird die Zahl, die diese Volksdichte charakterisiert. 
Aber das ist im Sinne der Volks dichte ein Widerspruch. Infolgedessen kann diese 
Methode hei allgemeinen Volksdichtekarten keine Anwendung finden, nur in ganz 
besondern Fällen, wenn es sich darum handelt, eine Dichtekarte der landwirtschaft 
lichen Bevölkerung zu entwerfen, um zu zeigen, wie der produktive Boden verteilt 
ist. Sodann kann man das Verfahren anwenden, um zu erfahren, wieweit es möglich 
ist. die Bewohner eines Landes mit den Erzeugnissen des eignen Bodens zu ernähren, 
denn die Sicherheit dieser Ernährung wird mit der Verkleinerung der von einer Person 
bewirtschafteten oder bebauten Fläche abnehmen und bei großen, wachsenden Arealen 
zunehmen. 
Wie die Flächenausstattung nur hier und da angewendet worden ist, so auch 
das sogenannte ,,Abstandsverhältnis“ (proximity). Nach ihm oder der oben genannten 
zweiten Methode werden sämtliche Bewohner eines Landes in gleichen Abständen 
voneinander aufgestellt gedacht. Dem Urteil von Fr. v. Juraschek kann man 
1 E. Hasse: Bewegg. der Bevölkerung. Physik.-statist. Atlas des Deutschen Reichs, hg. v. 
R. Andree u. O. Peschei. 11. Bielefeld u. Leipzig 1878, S. 44. 
1 R. Sieger: Sprachenk. u. Bevölkerungsk. Kartogr. u. schulgeogr. Z. 1921, S. 143. 
3 Fr. v. Juraschek: Flächeninhalt u. Bevölkerung Europas. Bull, de l'institut international 
de statistique. XIV. Berlin 1905. Heft 2. S. 27.
	        
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