Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die angewandte Karte und ihre wissenschaftliche Methode. 
7i). Ausscheidung der Waldfläche. Als „bewohnte Fläche“ wird von den meisten 
Autoren die waldlose Fläche verstanden, soweit sie als Wiesen- oder Ackerland der 
Betätigung oder Ernährung des Menschen dient. Selbst ein so feinsinniger und sorg 
fältiger Bearbeiter des Yolksdichteproblems wie L. Neumann hat geschwankt, ob 
er den Wald zur Kulturfläche hinzurechnen solle oder nicht; noch in der ersten aus 
führlichen Arbeit über die Volksdichte Badens zählt er den Wald der Kulturfläche 
bei, in seiner zweiten großem Arbeit, über die Veränderungen der Volksdichte im 
südlichen Schwarzwald, scheidet er ihn aus. Sein Schüler K. Neukirch ist ihm 
darin gefolgt. E. Träger war derjenige, der sich zuerst energisch gegen die Ein 
beziehung des Waldes bei der Volksdichtedarstellung aussprach. 1 Seiner Meinung 
nach müssen die Wälder ebenso wie die großen Städte ausgeschieden werden. Bei 
deren Einrechnung werden unwahre Resultate nach oben hin geliefert und bei Ein 
beziehung der Wälder unwahre Resultate nach unten; darum sind umfangreiche 
Wälder ganz entschieden auszuscheiden. Dem Entscheid Trägers, Neumanns und 
Neukirchs folgten die meisten Bearbeiter von Dichtekarten. Fr. Goetze schreibt: 
„Die Wälder wurden nach Trägers Vorbild, wie es überhaupt in neuerer Zeit üblich 
geworden ist, aus der Betrachtung ausgeschieden.“ 1 2 K. Bergmann ist bei der 
Dichteermittlung nur von der Anbaufläche ausgegangen. 3 E. Friedrich scheidet 
den Wald aus, desgleichen W. Hütten 4 ; Friedrich bezeichnet jedoch die Waldgebiete 
durch besondere Zeichen nach topographischer Kartenmanier und durch Farbe als 
die Landesteile geringster Dichte. In ähnlicher Weise kennzeichnet 0. Schlüter 
auf seiner Karte über die Volksdichte des nordöstlichen Thüringen den Wald be 
sonders, scheidet ihn aber bei der Dichteberechnung nicht aus. Schlüter stand seiner 
zeit offenbar noch unter dem Einfluß der Waldausscheidungstheoretiker und hat 
in der Zeichnung der Waldgebiete jenen eine Konzession gemacht, obwohl streng 
genommen nach seiner Theorie die Wälder auf seinen Volksdichtekartogrammen 
nicht darzustellen wären. Wird der Wald mit auf die Volksdichtekarte eingezeichnet, 
sind am besten die üblichen Signaturen der offiziellen topographischen Karten zu 
wählen. 5 
Trotz vieler maßgebender Namen auf dem Gebiete der Volksdichtedarstellung 
muß die Ausscheidung des Waldes auf Karten kleinern Maßstabs, etwa von 1 : 800000 
an, als ungerechtfertigt bezeichnet werden, selbst wenn größere Waldmassen, wie es 
sich hie und da nachweisen läßt, eine die Bevölkerung anstauende Wirkung haben. 
An russische Verhältnisse sei hierbei nicht gedacht. Schon der Wirtschaftsgeograph 
fordert die Berücksichtigung der Waldfläche, soweit der Wald einem geregelten Forst 
betrieb unterliegt, als Kulturareal. Die Erträgnisse der Waldwirtschaft sind sehr 
mannigfaltig. Vielen Menschen gewährt der Wald Erwerb und Nahrung. 6 „Indifferent 
für die Bevölkerung und die Volksdichte kann der Wald nur sein, solange eine Ein- 
1 E. Träger, a. a. O., S. 17(5. 
2 Fritz Goetze, a. a. 0., S. 12. 
3 Karl Bergmann: Die Volksdichte der großherzogl. hessischen Provinz Starkenburg auf 
Grund der Volkszählung vom 2. Dez. 1895. Mit 1 Karte. Forsch, z. d. L.- u. V. XII, 1900. 
1 Wilhelm Hütten: Beiträge zur Siedlungsgeographie des Hohen Venns. Diss. Münster 
1909. Aachen 1909. 
J Beispielsweise auf der Karte der Volksverdichtung im Regierungsbezirk Aurich von Otto 
Thiele. Forsch, z. d. L.-u. V. XIII, 1901. 
6 Über die verschiedenen Erträgnisse des Waldes vgl. z. B. M. Eckert: Deutsche Kultur 
geographie. Halle 1912, S. 85—87.
	        
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