Dag Problem der Volksdichtedarstellung im besondern.
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Wirkung des Menschen auf ihn nicht stattfindet, d. h. solange er sich in seinem Natur
zustände befindet. Heute aber haben wir es mit einem Kulturwalde zu tun, der
erwiesenermaßen dem Menschen erheblichen Nutzen und Arbeit bietet. Nirgends
aber wird unser Kulturwald als wirtschaftlich ganz oder fast indifferent anzusehen
sein, so daß er bei einer Berechnung wohl nicht ausgeschlossen werden darf.“ 1
R. Tronnier hat die Waldausscheidungstheorie zu einem besondern Studium
gemacht 1 2 ; er kommt zu dem gleichen Ergebnis wie ich. Vor einem halben Jahrhundert
sprach E. Behm bereits davon, daß man nicht die bewaldeten Anhöhen von den
bewohnten Tälern, denen sie den Erwerb liefern, die Felder von den Dörfern, die sie
ernähren, bei der Darstellung der Yolksdichte trennen darf. 3 Zu den neuem ener
gischen Vertretern der Waldberücksichtigung auf Siedlungskarten gehören Er. Schmid 4
und A. Weinreich. 5 Ich begreife nicht, wie Fr. Zweck der Karte der Bevölkerungs
dichtigkeit Masuriens von Zimmerriemer den Vorzug gegenüber Weinreich gibt 6 ,
weil jener eben den Wald ausgeschieden hat. Wie neuere Autoren die. Schwierig
keiten und Inkonsequenzen für die Volksdichtehestimmung bei der Ausscheidung
des Waldes fühlen, zeigen die Arbeiten und Karten von J. Schmidt 7 , E. Jung 8 und
hauptsächlich von G. Greim. 9 Letzterer bringt ein frappantes Beispiel aus den
hessischen Landen: Würde der Wald ausgeschieden, haben die Buntsandsteingebiete
des hintern Odenwaldes mit ihrem kargen Boden eine höhere Volksdichte, 165 Ein
wohner auf 1 qkm (im Jahre 1907), als die fruchtbaren und klimatisch begünstigten
Gegenden Rheinhessens, 123—145 Einwohner bei gleicher Berechnung der Volks
dichte. Wird hingegen der Wald nicht ausgeschieden, ergibt sich für die Hochflächen
des Buntsandstein-Odenwaldes eine wesentlich geringere Volksdichte, nämlich 54
auf 1 qkm, gegen den Ackerbaugebieten Rheinhessens, die 119—138 Einwohner auf-
weisen. Werden diese Tatsachen auf einem Kartenbild veranschaulicht, erkennt
man ohne weiteres, welche Karte den realen Verhältnissen gerechter wird.
Wie aber umgekehrt der Wald bei großmaßstabigen Karten, z. B. 1 : 50000,
ausgeschieden w r erden kann, hat A. Hombitzer auf seiner Siedlungs- und \olks
dichtekarte des Siebengebirges gezeigt. 10 Die Gemeinde Honnef hätte mit Wald
eine Volksdichte von 233 Einwohnern auf 1 qkm, ohne Wald hat sie die der Wahr
1 J. Wütschke: Beiträge zur Siedluugskunde der nördl.-südherzynisehen Hügellandes.
Diss. Halle a. S., 1906/07. Die beiden Karten sind nur in d. Mitt. d. Ver. f. Erdk. zu Halle 1907.
2 R. Tronnier, a. a. O., S. 5 41.
3 E. Behm, a. a. O., S. 92.
4 Fr. Schmid: Die geograph. u. Wirtschaft 1. Bedeutg. des Waldes u. seine Rückwirkung auf
die Volksdichte, mit besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in Oberelsaß. Mitt. d. Ges. f.
Erdk. Straßburg, III, 1912 (1913).
5 A. Weinreich: Bevölkerungsstatist, u. siedlungsgeogr. Beiträge zur Kunde Ostmasurens,
vornehmlich der Kreise Oletzko u. Lyck. Königsberg i. Pr. 1911 Mit 2 Karten.
6 Fr. Zweck in P. M. 1914, I. S. 100.
7 Joh. Schmidt: Die Volksdichte im Kreise Melsungen und die sie hauptsächlich bedingenden
Faktoren. Diss. Rostok 1907. Aus: Abhandl. u. Berichte usw. 51 des Ver. f. Naturk. zu Cassel 1907.
Außer der Volksdichtekarte des Kreises Melsungen bringt Schmidt als Oleate die dazu gehörige
Höhenschichtenkarte (!).
8 Emil Jung: Beiträge zur Siedlungskunde der Zauche und des Nuthe-Nieplitz-Gebiets.
Diss. Halle 1909. Mitt. d. V. f. Erdk., Halle a. S. 1909.
9 G. Greim, a. a. O., S. 93ff.
1,1 A. Hombitzer: Beiträge zur Siedlungskunde u. Wirtschaftsgeogr. des Siebengebirges u.
seiner Umgebung Diss. Bonn. Oberkassel, Siegkreis, 1913. Mit Karte in 1:50000.