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Die angewandte Karte und ihre wissenschaftlicdie Methode.
wirklichen Volksdichte verlassen und sich der gliedernden Volkswirtschaftskarte
zugewandt hat. 1
Logisch findet es keine Rechtfertigung, große Menschenansammlungen, wie
sie die Mittel- und Großstädte bieten, von der Darstellung der Volksdichte aus
zuschließen, ganz gleich, ob die großem Orte von mehr oder minder bedeutendem
Einfluß auf ihre nächste Umgebung sind. Geographisch, d. h. aus der Natur des
Landes heraus, kann man keine Grundsätze finden, die die Ausscheidung größerer
Ortschaften erklärlich erscheinen lassen. Darum hat sie N. Krebs auf der bereits
genannten Volksdichtekarte der österreichischen Alpen auch nicht ausgeschieden und
die großem Ortschaften nicht bloß in der Ortssignatur wiedergegeben, sondern ihnen
und ihrer Umgebung sogar das nötige Dichtekolorit verliehen. Was Krebs für eine Karte
kleinen Maßstabes, 1 : 1500000, versucht hat, tritt uns in einer großmaßstabigen Karte,
1 : 50000, entgegen, die A. Hombitzer direkt Volks dichte- und Siedl ungs karte
des Siebengebirges genannt hat, Sprecher v. Bern egg scheidet bereits die Städte
von über 5000 Einwohnern aus; welch falsches Bild würde heute bei dieser Aus
scheidung im rheinländisch-westfälischen Industriegebiet entstehen. Auf alle Fälle
müßte die Ausscheidung von Provinz zu Provinz, ja von Provinzteil zu Provinzteil
wechseln. Damit würde aber die Verworrenheit, die auf dem Gebiete der Volksdichte
darstellung an und für sich schon herrscht, nur noch vergrößert. Wie man zur Lösung
einer chemischen, physischen oder mathematischen Aufgabe bestimmte Werte oder
Größen, selbst wenn sie extrem sind, nicht willkürlich (ohne weiteres) ausscheiden darf,
so auch bei der Kartierung der Volksdichte. 1 2 Wenn E. Behm das Subtrahieren der
Einwohnerzahl größerer Städte von der Gesamtbevölkerung ihres Bezirks als zulässig
und gut bezeichnet, ist er in diesem Urteil wohl von Aug. Petermann beeinflußt
worden 3 , der offenbar diese Weisheit aus England mit nach Gotha gebracht hatte.
Unter Schwellenwert 4 der Volksdichtekarten versteht man in bezug auf
die Einwohnerzahl die festgelegte Grenze, wo die Ausschaltung der Städte beginnt.
Auf der Karte Sprechers v. Bernegg liegt er, wie bereits gesagt, bei 5000 Einwohnern,
auf den Karten von R. Lüddecke, von G. Gerland bei 10000 Einwohnern 5 * , desgleichen
auf der Volksdichtekarte Polens von E. v. Römer 0 , bei andern noch höher. Es ist
bei der Ausscheidung der großem Städte, wie H. Wagner hervorhebt, der Maßstab
der Karten entscheidend. 7
1 O. Schlüter: Die Siedlungen, a. a. O., S. 78. — Vgl. auch K. Gäde: Zur Kenntnis der
Volksdichte des nordöstl. Holstein u. des Kreises Eckernförde. Diss. Kiel 1913. S. 367.
2 G. Greim, a. a. O., S. 96.
3 E. Behm u. H. Wagner: Die Bevölkerung der Erde. II. Die Verteilung der Menschen
über die Erde. Begleit worte zu den Karten, von E. Behm. P. M., Ergh. 35, 1874, S. 94.
4 Nicht zu verwechseln mit „Schwellenwert“ der Volksdichtekarte ist der Ausdruck „Be
völkerungsschwelle“. Man spricht z. B. von der transversalen Bevölkerungsschwelle durch Mittel
europa, beginnend in Belgien und den Niederlanden, sich erstreckend bis zum Don und sich von da
verlierend bis Kasan. Vgl. L. Weise: Die Bevölkerungsverteilung in Europa. P. M. 1913, I, T. 2.
5 G. Gerland: Bsvölkerungsdichtigk. der Ver. St. u. v. Europa. Atlas d. Völkerk. Gotha
1892, K. II (bez. 62).
E. v. Römer: Bevölkerungsdichte von Polen. Karte aus d. Geogr. Statist. Atlas von Polen.
Wiedergegeben i. d. Kartogr. Z. Wien 1917.
7 H. Wagner: Lehrbuch der Geographie. 10. Aufl. I. 3. Teil. Hannover u. Leipzig 1923,
S. 879. Auf der Karte (statist. Kartogramm) der Bevölkerungsdichte der europäischen Staaten
und ihrer Verwaltungsbezirke in 1:20000000 von Fr. v. Juraschek werden nur die Reichs-