Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

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Die angewandte Karte und ihre wissenschaftliche Methode. 
statistische Bevölkerungskarte zu bezeichnen. 1 E. Behm hatte den glücklichen 
Gedanken, die Kurven für die Begrenzung der Volksdichtestufen an die Terrain 
karte anzulehnen. Nach geographischer Methode wandte er farbige Schichtflächen 
an, die er durch Kurven voneinander trennte, die innerhalb desselben politischen 
Gebildes oder einer großem Einheit (Kontinent) die Gebiete größerer Volksdichte 
von denen geringerer scheiden mit Rücksicht auf die größere oder geringere Häufigkeit 
der Ortschaften, und die in ihrer Richtung tunlichst dem Bodenrelief folgen. Dies 
Verfahren wurde, wie wir wissen, durch E. Behm und E. Hanemann zunächst auf 
Erdübersichtskarten gepflegt, sodann auf Karten von Europa und Deutschland. 1 2 
Behms Auffassung vom Werte der Kurven hat heute noch nicht ihre Bedeutung verloren: 
,,Die Anwendung von Kurven als Scheidelinien zwischen den Zonen verschiedener Dich 
tigkeit, statt der politischen Grenzen, und die Ausnützung spezieller topographischer 
Karten beim Ziehen der Kurven haben zur Eolge, daß die geographischen Be 
dingungen in ihrer Wirkung auf die Volks Verteilung mehr hervortreten.“ 3 
Und wenn Behm und Hanemann auf der physikalischen Karte von Deutschland 
die Farben nicht allzu intensiv aufgetragen hätten, könnte man diese Volksdiclite- 
karte auf topographischer Grundlage (Schraffenzeichnung) noch heute als Muster 
hinstellen. J. I. Kettler spürt auf seiner Karte der Dichtigkeit der Bevölkerung 
im Deutschen Reiche der Volks Verteilung bereits energischer nach und läßt die 
Kurven tiefer in die Täler hineindringen, z. B. bei den Vogesen. 4 
In Hand- und Schulatlanten, in offiziellen Werken und Konversationslexika 
des In- und Auslandes sind die Volksdichte-Kurvenkarten eingedrungen. Oft ist 
kaum noch die topographische Grundlage zu erkennen oder sie ist ganz weggelassen, 
die sich indessen der Kundige aus der Lage der Dichtestufen zu rekonstruieren ver 
mag, wie z; B. auf der Karte der Dichtigkeit der Bevölkerung in Europa, die 
0. Krümmel in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts für die 13. Auf 
lage von Brockhaus Konversationslexikon entworfen hatte. Unter den zahlreichen 
ähnlichen Karten des Auslandes mag nur auf die vielen Karten hingewiesen werden, 
die sich in Statesman’s Yearbook mit der Volksdichte der einzelnen Erdteile und 
Länder beschäftigen, sodann auf die Karte von E. de Martonne, die auf einem 
nach dem besten topographischen Material hergestellten Grundplane mit Flüssen, 
Eisenbahnen und großem Siedlungen in zwölf verschiedenen Farbtönen von Gelb 
und Rot die Volksdichte der Walachei zur Anschauung bringt. 5 
Der Gedanke, Kurven zu ziehen und sie auf die Terrainkarte zu stützen, wirkt 
unverändert bis zur jüngsten Zeit fruchtbar und wird auch noch weiter wirken, 
hauptsächlich von der Göttinger Schule getragen. H. Wagner, der seinerzeit 
von Behm gewiß verschiedenerlei Anregungen zu statistischen Arbeiten und 
Untersuchungen empfing, veröffentlichte ganz im Sinne der Behm sehen Karten 
1 Fr. Ratzel, a. a. O., S. 198. 
2 E. Behm u. F. Hanemann in P. M., Ergh. 35, 1874, T. I u. II. — P. M. 1874, T. I. — 
Späterhin hat G. Gerland nach der gleichen Kurvenmanier im Atlas der Völkerkunde (H. Berghaus’ 
Physikalischer Atlas, Abteilg. A ll, Gotha 1892) eine Karte der Bevölkerungsdichtigkeit der Erde 
gegeben, und im Anschluß daran gleich behandelte Karten von den Vereinigten Staaten und von Europa. 
3 E. Behm: Die Landschaften des Deutschen Reichs nach ihrer Volksdichtigkeit. P. M. 
1874, S. 1. 
4 J. I. Kettler, a. a. O., T. 15.
	        
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