Das Problem der Volksdichtedarstellimg im besondern.
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eine Yolksdichtedarstellung von Vorderindien in Kurvenmanier. 1 Tiefer in die
Kurvenmethode dringt ein Schüler Wagners ein, Sprecher von Bernegg, der
die eigentliche topographische Karte zum grundlegenden Faktor machte. 1 2 Seinen
Einfluß erkennt man in verschiednen nachfolgenden Volksdichtekarten, die aus
Gröttingen heryorgegangen sind, wie in Ed. Wagners Bevölkerungsdichtekarte von
Südhannover (1903) in 1 : 300000 und in der Karte der Volksdichte des Regierungs
bezirks Arnsberg für das Jahr 1910 von K. Closterhalfen in 1 : 500000. Letzterer
geht einen Schritt weiter als seine Vorgänger, indem er den interessanten Versuch
anstellt, auf Grundlage eines detaillierten, im großem Maßstabe (1 : 200000) kon
struierten Gemeindekartogramms nach der Kurvenmethode im Hinblick auf die
Terraingestaltung zu generalisieren. Nach Schlüter begeht er allerdings den
schweren Fehler, daß er zwei Methoden miteinander vermischt. 3 Als Geograph kann
man den Versuch von Closterhalfen nur begrüßen, er ist eben der Zwangsjacke des
Gemeindekartogramms entwachsen und in das Gebiet der (erweiterten) Volksdichte
karte hineingewachsen.
Der Kurvenzug läßt sich aber nicht bloß auf Karten kleinen, sondern auch
auf solchen großen Maßstabs verwenden (S. 193ff.) ; ob es ratsam ist, über den Maß
stab von 1 :300000 noch hinauszugehen, darüber wird die Bodengestaltung des
Untersuchungsgebiets das entscheidende Wort sprechen. Bei den Karten großen
Maßstabs sind die mit ausgesprochenen Gebirgsgegenden für eine geographische
Generalisierung besser als die mit ebenen Landschaften geeignet. In den Gebirgs
gegenden wird sich immer eine Wechselwirkung zwischen Volksdichte und Boden
relief finden lassen (S. 201), was bei den ebenen Gebieten fast ganz ausgeschlossen
erscheint. Hier hungern die verschiednen Kartenelemente geradezu nach einer
Begrenzung, und daß sich daselbst die administrative Begrenzung wie von selbst
aufdrängt, kann nicht wundernehmen. Dieser unwillkürliche Zwang hat die Be
arbeiter von Volksdichtekarten der Niederung zu der Äußerung verführt, wie wir
sie z. B. bei E. Friedrich finden, daß Volksdichtestufen auf Karten großen Maß
stabs nur auf statistischer Grundlage in administrativer Weise, auf Karten kleinen
Maßstabs hingegen nur nach geographischer Methode zu begrenzen sind. Vgl. auch S. 179.
Da sich die Kurven in gewisser Beziehung zahlenmäßig aber kaum bestimmt
festlegen lassen, betrachten einige Statistiker, wie E. Levasseur, Fr. v. Jura-
schek, die Kurvenkarten wohl als geistvolle und lehrreiche Versuche, die jedoch
für den Statistiker weniger Wert besitzen. 4 Sie erschweren oder ermöglichen auch
nicht die Art von Vergleichen, wie sie sich den Statistikern auf Grundlage der Ver
waltungseinheiten darbieten. So konnte sich Fr. v. Juraschek zu dem Ausspruch
1 H. Wagner in P. M. Ergh. 49. 1877, T. 2.
2 E. Sprecher v. ßernegg, a. a. O., S. 11.
3 K. Closterhalfen: Die kartographische Herstellung der Volksdichte; und die Antwort
O. Schlüters: Die Generalisierung von Gemeindekartogrammen zu Volksdichtekarten. P. M.
1912. II. T. 37. — Closterhalfens Arbeit ist ein Teil seiner Göttinger Dissertation.
4 E. Levasseur sagt in seiner Abhandlung: Statistique de la superficie et de la population
des contrées de la terre (Bull, de l’Institut International de Statistique. I. 3. Heft, Boni 1887
S. 17): „On a dressé des cartes par courbes de la densité de la population en Europe; ces cartes
constituent un essai, très ingénieux et très instructiv, de représentation fidèle de la manière dont
les habitants sont véritablement répartis sur le sol; on peut cependant leur adresser le reprochede
reposer sur une série d’hypothèses, puisque nulle part, pour ainsi dire, la limite des courbes ne se
trouve dans les documents statistiques.“