Das Problem der Volksdichtedarstellimg im besondern.
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ihrem Verlauf nach der großem und geringem Häufigkeit der Siedlungen zu richten.
Es würde demnach ein Kurvenbild entstehen, wie es Bild 13 zeigt. Behm spricht von
seinen Kurven auch als von Scheidelinien. Indessen sind sie nach ihrer Entstehungs
art mehr Intensitäts- als Scheidelinien, wenn auch nicht in demselben Grade wie die
von Ravn und Wiechel. Selbstverständlich sind all diese Kurven mehr oder weniger
Scheidelinien, weil sie Flächen von gleicher Volksdichte umgrenzen und sie stufen
weise voneinander trennen. Das Scheidende ist nicht das Wesentliche einer Isarithme,
sondern das spezifisch Lokalisierende, Kraftspeichernde und innere Kraft Zeigende.
Eine mehr von geographischem Takt geleitete und keine wahre oder mathematische
Interpolationsmethode kommt bei Behm in Betracht; betont er ja selbst, daß neben
der Dichte der Ansiedlungen die geographische Eigenart des Landes den Kurvenzug
lenken müsse. Ihm ist im wesentlichen J. I. Kettler gefolgt.
Den Kurvenzug möglichst dem Gelände anzuschmiegen, wurde, wie bereits
bemerkt, hauptsächlich von der Göttinger Schule propagiert, an ihrer Spitze Hermann
Wagner. Um die Einführung und Anerkennung dieser geographischsten aller Kurven
haben sich außer ihm vorzugsweise Sprecher von Bernegg und K. Closterhalfen, auch
L. W 7 eise bemüht. Bild 14 mag derartige Kurven veranschaulichen. Ein Vorzug der
orographisch bedingten Kurven ist, daß sie im bewegten Terrain größere Modulations
fähigkeit als andere verwandte Kurven besitzen. Weder kann man ihnen Intensität
noch sonstige Kräfte nachrühmen. Sie sind einfache Scheidelinien, die dichtere
Volksdichtestufen von weniger dichten kenntlich machen wollen. Ob sie nun selbst
als Linie besonders ausgezogen sind oder nur durch den Zusammenstoß zweier Farb-
flächen markiert werden, ist ganz gleich. Obwohl die orographisch bedingten Scheide
linien etwas an Isohypsen oder Isobathen erinnern, haben sie nichts mit diesen gemein
sam. Es läßt sich senkrecht zu ihnen nicht die stetige Kurve konstruieren. Gesetzt
den Fall, Kreis IV (s. Bild 14), habe 194 E. Er liegt auf einer Höhe, bedeckt mit
kargem Boden. Man könnte vielleicht eine Kurve von ‘200 E. um diesen Gemeinde
bezirk legen. Aber wie ist der Übergang von 4000 zu 200 beschaffen ? Es gibt schlechter
dings keinen Übergang, beide Dichtestufen liegen hart aneinander. Unser Beispiel
bedeutet keinen extremen Fall. In Wirklichkeit hat man nur zu oft mit derartigen
Fällen zu rechnen. Mithin sind die orographisch bedingten Kurven jeder Isarithmen
fähigkeit bar. Der Lauf ihrer Bahnen bleibt vollständig dem Takt und der geographischen
Kapazität des Zeichners überlassen. Letztere kann so weit gehen, daß sie sich über die
in der Natur vorhandenen, durch die Gemarkungen gegebenen Kontraste hinweg
setzt und der Theorie zuliebe Kurve um Kurve zieht, die ästhetisch schön und isarithmen-
artig wirken, wie es beispielsweise K. Closterhalfen auf einer gewiß sehr hübschen
und sorgfältig aufgebauten Volksdichtekarte des Regierungsbezirks Arnsberg 1910
getan hat. 1 Daß dadurch der Wahrheit arg mitgespielt wird, hat bereits 0. Schlüter
dargelegt. 1 2 Wie oben angedeutet wurde, lassen sich diese Kurven am besten in
gebirgigem und kupiertem Terrain ziehen, in der Ebene versiegt und versagt ihre
Veranschaulichungskraft allmählich, es sei denn, daß ein kleiner Maßstab für ein großes
Landgebiet ihnen zu Hilfe käme. Mithin nimmt ihr Anwendungsbereich nicht bloß
mit der Verebnung des Landes sondern auch mit dem Vergrößern des Maßstabes ab.
1 K. Closterhalfen i. P. M. 1912. II. T. 37.
2 O. Schlüter: Die Generalisierung von Gemeindekartogrammen zu \ olksdichtekarten.
P. M. 1912. II. S. 259, 260.
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