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Die angewandte Karte und ihre wissenschaftliche Methode.
Eine weitere Kurvenabart stützt sich bloß auf die Dichtezahl der Kreise und
gleichzeitig auf die Lage der verschiedenen Dichtekreise untereinander. Entweder
laufen die Kurven soviel wie möglich durch die Mitte der Gemeindegebiete hindurch,
wie Bild 13 zeigt, oder sie umfahren, wie es meistens der Fall ist und auch von Geo
graphen (H. Wagner, R. Lüddecke u. a. m.) empfohlen wird, die Gebiete mit gleicher
oder annähernd gleicher Dichteziffer. 1 Vgl. die Kurven 3500 und 4500 in Bild 15.
Von der Isarithmenfähigkeit dieser Kurven ist dasselbe zu behaupten wie von den
orographisch bedingten Kurven (Bild 14). Aber auch hier liegen keine Isarithmen
vor. Da sie sogar des geographischen Momentes bar sind, erlahmt ihre An
schauungskraft für den Geographen ganz erheblich.
Neuerdings haben die Kurven auf der Karte der Bevölkerungsdichte des neu
entstandenen Polens, die E. v. Römer konstruiert hat, von sich reden gemacht. 1 2
Gesetzt den Fall, wir haben wiederum die drei Kreise vor uns (Bild 16). Außer auf
ihre Dichteziffer lenkt v. Römer die Aufmerksamkeit auf die großem Bezirksorte,
also in vorliegendem Beispiel wären es die Orte A, B und C. Zwischen diesen Orten
legt er Kurven hindurch, und zwar in einer dem Unterschiede der Werte beider Punkte
entsprechenden Entfernung, was auch H. Hassinger besonders hervorhebt. 3
Es würde eine Kurve entstehen, wie sie Bild 16 zeigt. Der Unterschied zwischen
den Bezirken I und II ist 2000 E. Da der Kreis II fast noch einmal so stark als
I bevölkert ist, würde die Entfernung A B in rund vier Teile zerfallen, wovon drei dem
Bezirke II zugute kommen. Der Schnittpunkt der Kurve würde bei x liegen. Be
zirk III ist anderthalb mal mehr wie I bevölkert. Mithin würde die Entfernung A C
in rund drei Teile zerfallen, von denen zwei Teile von C aus zu rechnen sind; y ist der
gesuchte Punkt für den Kurvenzug.
Das Neue an den Romerschen Kurven ist, daß sie tatsächlich durch eine Art
mathematischer Interpolationsmethode gefunden sind. Also hätten sie eine wesentliche
Eigenschaft der Isarithmen. Sind sie aber auch wirklich Isarithmen? Hören wir
zunächst, was v. Römer selbst dazu sagt. Er nennt sie direkt „Isarithme“, nachdem
ihm der Wiener Mathematiker Mesk zu dieser Bezeichnung verholfen hat. Würde er
sich etwas genauer in der Volksdichteliteratur umgeschaut haben, wäre ihm die leicht
erhältliche Arbeit G. Greims nicht entgangen, die ihn genügend über die Isarithmen
fähigkeit der Volksdichtekurven belehrt hätte, und ein Licht wäre ihm sicher über
seine eigenen Kurven auf gegangen. Das Romersche Dichtebild, das auch in der Karto
graphischen Zeitschrift wiedergegeben und somit leicht zugänglich ist, 4 erinnert
rein äußerlich an eine Isarithmenkarte. Schlauerweise hat v. Römer die Ortschaften,
die ihm das einheitliche Kartenbild gestört hätten, ausgeschieden (S. 187). Es ist
also die längst geübte Methode der Städteausscheidung. Dadurch werden offenbar
die Kontraste von stark bevölkerter und weniger stark bevölkerter Gegend gemildert,
wenn nicht gar aufgehoben. Es ist eben die Karte der Landbevölkerungsdichte. Aber
1 Ein nach oben letztgenannter Methode konsequent aufgebautes älteres Volksdichtebild
ist die Karte der Volksdichte der Vereinigten Staaten und von Canada in 1 : 7500000 von
R. Lüddecke. P. M. 1888. T. 8.
2 E. v. Römer: Geographisch-statistischer Atlas von Polen. 32 Taf. mit 70 Karten. Warschau
und Krakau. (Wien 1910.)
3 H. Hassinger: Neue Methoden der Darstellung der Volksdichte auf Karten. Kartogr. Z. VI.
Wien 1917, S. 64.
4 E. v. Römer: Gestose zaludnienia. Kartogr. Z. VI. Wien 1917, Heft 4.