Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Das Problem der Volksdichtedarstellung im besondern. 
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sind, wurde längst schon gemacht, bevor man daran dachte, sie kartographisch zu 
versinnbildlichen. Wohl spricht 0. Delitsch von einer „kartographischen Darstellung 
der Bevölkerungsdichtigkeit von Westdeutschland auf Grund hypsometrischer und 
geognostischer Verhältnisse“, 1 jedoch seine Karte hält nicht, was der soviel ver 
heißende Titel verspricht; sie ist nur ein Kartogramm der Volksdichte auf Grund 
lage der politischen Bezirke. Was die Karte nicht hält, ersetzt in ausgiebiger Weise 
der Text. 
Geologische Karten allein ermöglichen bereits brauchbare Schlüsse auf Be 
siedlung und Dichte, wie z. B. die Karte von Fr. Beyschlag: Geognostische Über 
sichtskarte des Thüringer Waldes. 1 2 In dem Vorland der thüringer und fränkischen 
Senke ist die Abhängigkeit der Bodenkultur und die Bevölkerungsdichte von dem 
geologischen Untergrund ohne weiteres abzulesen. Das fruchtbare Keuperland 
zwischen Arnstadt, Gotha und Erfurt bildet einen schroffen Kontrast zu den Wald 
regionen des Buntsandsteins, und bis zu den thüringer Eisenbahnlinien läßt sich der 
Einfluß geologischer Bedingungen auf die Besiedlungsgeschichte verfolgen. In 
gewisser Beziehung gehört auch die im vorhergehenden Paragraphen genannte Karte 
von Neovius hierher. 
Daß unsere namhaftesten Siedlungskartentheoretiker und -praktiker, wie 
L. Neumann und 0. Schlüter, dem geologischen Aufbau eines Gebietes auf dessen 
Volks Verdichtung große Bedeutung beimessen, geht aus ihren Darlegungen genug 
sam hervor, und Schlüter findet es sogar angebracht, mit einer geologischen Karte 
seine Siedlungskarten einzuleiten. Zehn Jahre früher hat C. Kaesemacher bei 
der Untersuchung der Volksdichte der Thüringenschen Triasmulde gezeigt, wie die 
geologische Unterlage auffällig bei der Volksdichtekarte durchblickt. 3 Wie der 
geologische Untergrund auf Siedlung und Volksdichte einwirkt, zeigt sich unter 
anderm auffällig in Südbayern. Welche Unterschiede ergeben sich zwischen den 
fruchtbaren Elysch- und Molassebergen des Allgäus und den kalkigen und unfrucht 
baren, zergliederten und deshalb zugänglichem Gebirgsstöcken Altbayerns, zwischen 
der wellig hin- und herwogenden Moränenzone der Voralpen und der schiefen Ebene 
von München, zwischen der durch viele Flußadern in meridionallaufende Hügel 
rücken gespaltnen Tertiärlandschaft und den teils fruchtbaren Löß-, teils unfruchtbaren 
Moorflächen der Donauebene. 4 — Ist 0. Schlüters Karte von der Besiedlung Alt 
preußens vor der Ordenszeit wesentlich ein historisch-siedlungsgeographisches Er 
gebnis 5 , ist sie doch auch ein beredtes Zeugnis für die Einwirkung des Diluviums 
auf die Siedlung. 
8h. Volksdichte und klimatische Faktoren. Auf die Abhängigkeit der Bevölkerungs 
dichte von der Niederschlagsmenge hat E. Behm schon aufmerksam gemacht, sodann 
ausführlicher Fr. Ratzel. Er betont, daß diese Abhängigkeit viel deutlicher als 
1 O. Delitsch im V. Jahresbericht des Vereins von Freunden der Erdkunde zu Leipzig 1865. 
2 Nach den Aufnahmen der kgl. preuß. geolog. Landesanstalt zusammengestellt 1 : 100000. 
Berlin 1897. 
3 C. Kaesemacher: Die Volksdichte der thüringschen Triasmulde. Forsch, z. d. L.-u. \ . 
VI. 1892. 
4 J. Reindl: Weiler und Einzelhöfe in Südbayern. Eine anthropogeogr. ■Studie zur Kenntnis 
der Siedlungsverhältnisse in Südbayern. Mitt. der Geogr. Ges. in München 1904. S. 504. 
5 O. Schlüter: Wald, Sumpf u. Siedlungsland in Altpreußen vor der Ordenszeit. 
Halle a. S. 1921.
	        
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