Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die angewandte Karte und ihre wissenschaftliche Methode. 
die von der Wärmeverteilung wahrzunehmen ist. Seine Ideen sind bisher noch nicht 
in die Praxis umgesetzt worden, obwohl er selbst ein interessantes Versuchskärtchen 
der Bevölkerungsdichtigkeit und Niederschläge vom Ostfuß des Felsengebirges in 
Colorado zeichnete. 1 Allerdings kann dieser primitive Versuch noch nicht befriedigen, 
aber wert ist er, ausgebauter wiederholt zu werden, auch für deutsche Gebiete. Die 
Niederschlagsverhältnisse sprechen für die Volksdichte des Bergischen Landes ebenso 
beredt wie die Bodenschätze. 
Man kennt den Einfluß der Besonnung auf die Dichtigkeit der Besiedlung, 
insofern die Sonnenseite oft auffällig dichter als die Schattenseite besiedelt ist; so 
zählte man in der Gegend zwischen Martigny und dem Rhonegletscher 34000 Seelen 
auf der Sonnenseite und 20000 auf der Schattenseite. 2 Kartographisch sind diese 
Siedlungserscheinungen, die ein wichtiges Vergleichsmaterial ergeben würden, noch 
nicht festgelegt. 
Das Dasein der Tier- und Pflanzenwelt ist in hohem Maße an das Klima ge 
bunden und von diesem Dasein ist wiederum das des Menschen abhängig und damit 
die Möglichkeit seines mehr oder minder dichten Wohnens. Wird all diesen Faktoren 
tiefer nachgegangen, dann kann die Dichtigkeit der Bevölkerung oder ihr sichtbarer 
Ausdruck, die Volksdichtekarte ein Maßstab der biologischen Intensität der 
Erde werden. 
30. Die bevölkerungsstatistischen Grundkarten als Urmaterial für Volksdichte 
karten. Im Laufe der Erörterungen habe ich bereits verschiedene Andeutungen ge 
geben, wo sich für Volksdichtedarstellungen und Verwandtes reiche, fruchtbare 
Arbeitsgebiete eröffnen. Die kartographischen Arbeiten, die nach geographischer 
Methode gewonnen werden, sind vielseitiger und anregender als diejenigen nach der 
statistischen Methode. Letztere hat dagegen den Vorzug, daß sie auf einen im all 
gemeinen klar bestimmten und umgrenzten Arealbruchteil, der sich immer wieder 
finden läßt, zurückgeht und darauf aufbaut. Die Hauptsache ist, daß das kleinste 
Flächenelement administrativ und nicht geometrisch begrenzt ist. 
Es wird nachgerade ein dringendes Bedürfnis, trotz aller von bestimmten 
Absichten geleiteten Spezialuntersuchungen ein Volksdichtekartenmaterial zu liefern, 
das z. B. für die einzelnen Gegenden Deutschlands bequeme Vergleichbarkeit und 
größere Zusammenfassungen gestattet. Bequem läßt sich dies mit Hilfe des statistischen 
Volksdichtekartogramms, wie es Schlüter u. a. gepflegt haben, bewerkstelligen. 
Weiter noch gehe ich und bin sicher, mich bezüglich meiner Ausführungen mit 
in der Gesellschaft der besten Denker über das Problem der Volksdichtedarstellung 
zu wissen. Es muß unbedingt darauf hingearbeitet werden, ein datensicheres und 
hinreichendes Grundmaterial für Volksdichtekarten zu schaffen; und hier melden 
sich die bevölkerungsstatistischen Grundkarten, wie sie zu entwerfen A. Hettner 
vorgeschlagen hat. Das wäre außerordentlich bedeutungsvoll, wenn vom Deutschen 
Reiche und andern Staaten mit möglichst einwandfreien Volkszählungen bevöl 
kerungsstatistische Grundkarten herausgegeben würden. Eine versuchsweise Aus 
gabe im Maßstab 1 : 500 000 würde ich nicht empfehlen, sondern gleich in mediam rem 
gehen. 1 :200000 ist ein passender Maßstab, vielleicht noch besser der unserer 
1 Fr. Ratzel: Anthropogeographie. II. Stuttgart 1891, S. 207. 
a Vgl. M. Eckert: Grundriß der Handelsgeographie. Bd. I. Leipzig 1905, S. 30; fernerhin 
F. Löwl: Siedlungsarten in den Hochalpen. Forsch, z. d. L.- u. V. II. 1888. S. 410.
	        
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