Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die angewandte Karte und ihre wissenschaftliche Methode. 
chronenkarte des Schnellverkehrs leisten, wie sie Gal ton zuerst erfaßt, von mir ver 
tiefter konstruiert und von Fr. Heiderich durchaus bestätigt wurde. 1 Für größere 
Entfernungen sind stets die schnellsten Verbindungen die Hauptsache und nicht die 
mittlere Reisedauer, was sich bereits, wie Heiderich dem Riedel entgegenhält, in 
dem großen Absatz der Kursbücher zeigt, worin sich „die in alle Schichten gedrungene 
Wertschätzung der Zeit“ ausdrückt. Mit Heiderich stimme ich ganz überein, daß ein 
Isochronenbild der Erde, nach Riedel scher Manier konstruiert, den Grad der durch 
den heutigen Verkehr tatsächlich erreichten Raumeroberung der Erde und Raum 
kürzung völlig verschleiern würde. Wohl aber ist die Riedel sehe Karte ein Para 
digma dafür, daß Mittelwerte für wirtschaftliche Karten gelegentlich der Theorie 
mehr als der Praxis dienen können. Von diesem Standpunkt aus läßt sich die 
Zeichnung derartiger Karten rechtfertigen, wie es ja Riedel wohl selbst schon gefühlt 
haben mag, indem er sich mit den Worten A. Hettners tröstet, „daß die praktische 
Richtung (seil, der verkehrsgeographischen Untersuchungen) die theoretische zu sehr 
überwuchert hat, daß die Erforschung der Ursachen der Verkehrsverhältnisse über 
der Erforschung der Wirkungen vernachlässigt worden ist“. 
Die Isochronenkarte mit Mittelwerten würde gewinnen, wenn sie lediglich auf 
der mittlern Reisedauer fußt und die Häufigkeit ausschaltet. Daß dem Begriff der 
Häufigkeit kein geographisches Moment anhaftet und er nur ein verwaltungs- und 
betriebstechnischer Faktor ist, hat Heiderich ebenfalls schon festgestellt. Trotzdem 
ist es möglich, im Verein mit der Dichte des Eisenbahnnetzes oder mit den höchst 
möglichen Leistungen des Schnellverkehrs ihm ein wenig geographische Wärme zu 
geben. Die verschiedene Häufigkeit einzelner Strecken durch die abwechselnde 
Stärke der Eisenbahnlinien zum Ausdruck zu bringen ist bereits ein Mittel, den 
Häufigkeitsbegriff kartographisch zu veranschaulichen. Derartige kartographische 
Bilder liegen bis jetzt nur vereinzelt vor, so von A. E. Förster, Ed. Czegka 1 2 
K. Kimmei. 3 H. v. Hedemann half sich dadurch, daß er auf jede Eisenbahn 
strecke die Anzahl der täglich in einer Richtung fahrenden Schnell-, Eil-und 
Luxuszüge durch ebensoviel parallel laufende Striche andeutete. Die von ihm 
gelieferte statistische Kartenskizze 4 gibt ein annäherndes Bild von der Dichtigkeit 
des Personenverkehrs in Deutschland. Würde ein solches Bild oder eine Kon 
struktion, wie ich vorher empfahl, mit der Isochronenkarte auf Grundlage von mittlern 
Zeitentfernungen oder noch besser auf Grundlage der Reisezeit vereint, dürfte den 
Isochronenkarten ein weiteres dankbares Feld erblühen und ihnen eine außerordent 
liche Bedeutung in historischer wie wirtschaftlicher Beziehung erwachsen. Sie wären 
alsdann ein sicherer Maßstab von der potentiellen Aufgeschlossenheit eines kleinern 
oder großem Landgebiets. Für die Beurteilung dieser Aufgeschlossenheit gibt 
aber noch eine Anzahl anderer Mittelwerte, die aus der Untersuchung des Eisenbahn 
verkehrsweges resultieren und nach dem Gesetz der großen Zahl gefunden sind, 
brauchbare Anhaltspunkte. 
1 Fr. Heiderich: Verkehrsgeographische Studien zu einer Isochronenkarte der Öster 
reichisch-ungarischen Monarchie. Publikation der Exportakademie. Wien 1912, S. 19. 
2 Über A. E. Förster u. Ed. Czegka vgl. Fr. Heiderich, a. a. 0., S. 21. 
3 K. Kimmei: Personenzughäufigkeitskarte f. d. Königreich Bayern. Winter 1910/11. P. M. 
1913. I. Taf. 43. 
4 Schnellzugskarte des Deutschen Reiches. Entworf. v. H. v. Hedemann. 1: 2200000. 
P. M. 1914. I T. 9.
	        
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